Der Internationale Gerichtshof in Den Haag urteilte am Freitag, dass Deutschland nicht zu individuellen Entschädigungen an Opfer von Kriegsverbrechen in Italien verpflichtet ist. Die entsprechenden Urteile italienischer Gerichte hätten den Grundsatz der Staatenimmunität verletzt, denn Privatpersonen dürften nach dem Völkerrecht keine Klagen vor den Gerichten eines Staates gegen einen anderen Staat erheben.
Italien hatte argumentiert, dass ein Staat sich nicht mehr auf seine Immunität berufen könne, wenn die Folge des hoheitlichen Handelns der Tod oder die Körperverletzung einer Person oder ein Sachschaden gewesen ist, die auf fremden Staatsgebiet eingetreten ist. Insbesondere bei schwerwiegenden Menschnerechtsverletzungen und bei Verletzungen des Kriegsvölkerrechts sei die Staatenimmunität eingeschränkt.
Dieser Argumentation folgte der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag nicht. Dadurch, dass italienische Gerichte die deutsche Staatenimmunität nicht anerkannten, habe Italien seine völkerrechtlichen Verpflichtungen gegenüber Deutschland verletzt. Ein Staat verliere seine Immunität nämlich nicht allein dadurch, dass ihm schwerwiegende Völkerrechtsverstöße, wie die von der Wehrmacht begangenen Kriegsverbrechen, vorgeworfen werden können. Die Frage, ob hoheitliches Handeln völkerrechtswidirg gewesen ist, sei von der Frage, ob die Gerichte eines Staates einen anderen verurteilen können, strikt zu trennen. Auch darauf, ob den Geschädigten andere Möglichkeiten des Rechtsschutzes zur Verfügung stehen, komme es nicht an. Zwar bestehe eine Pflicht zu Reparationszahlungen für Kriegsunrecht, Verhandlungen darüber würden aber allein zwischen Staaten geführt.
Hintergrund des Streits war ein Urteil des italienischen Kassationsgerichtshofs, der den Hinterbliebenen eines Massakers der Wehrmacht im toskanischen Civitella im Juni 1944 eine Entschädigungzahlung zusprach. Die Bundesrepublik Deutschland erhob daraufhin am 22. Dezember 2008 gegen Italien Klage vor dem IGH und bekam nun Recht.
asc/LTO-Redaktion
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IGH-Urteil: . In: Legal Tribune Online, 03.02.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5495 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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