Hongkong: Erste Ver­ur­tei­lung nach ums­trit­tenem Sicher­heits­ge­setz

27.07.2021

Nach dem Erlass des umstrittenen neuen Sicherheitsgesetz in Hongkong hat es jetzt das erste Urteil gegeben. Es könnte ein Präzedenzfall für viele weitere Aktivisten werden.

Erstmals hat ein Gericht in Hongkong ein Urteil auf Grundlage des umstrittenen Sicherheitsgesetzes verhängt. Ein 24-Jähriger wurde wegen Terrorismus und Anstiftung zum Separatismus verurteilt. Er war nur wenige Stunden nach Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Juli 2020 bei Protesten am Jahrestag zur Rückgabe Honkongs 1997 an China mit seinem Motorrad in eine Polizeisperre gefahren. Er hatte dabei eine Flagge mit dem Slogan der Protestbewegung "Befreit Hongkong - Revolution unserer Zeit" dabei.

Die Terrorismusanklage erfolgte, weil der 24-Jährige mit seinem Motorrad an der Absperrung nicht gehalten hatte, sondern in drei Polizisten gefahren war und diese auch verletzt hatte. Der Richter sah eine vorsätzliche Gewalttat und ernste Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Die Verteidigung sprach hingegen von einem Unfall und argumentierte, der Slogan auf der Fahne sei mehrdeutig. Indem der Angeklagte an jenem Tag die Flagge mit dem Aufruf gezeigt habe, habe er nach Überzeugung des Gerichts die separatistische Botschaft vermitteln und andere anstiften wollen.

Ein Präzedenzfall?

Nach dem Schuldspruch steht die Verkündung des Strafmaßes noch aus. Dem 24-Jährigen droht jedoch offenbar lebenslange Haft, wie der Hongkonger Sender RTHK berichtete. Das Gericht fand demnach, dass der Spruch über die Befreiung Hongkongs "separatistische Bedeutung" habe und andere anstiften könnte, eine Abspaltung der ehemaligen britischen Kolonie von der Volksrepublik China zu verfolgen.

Das Urteil lässt ahnen, wie die Justiz das weitreichende Sicherheitsgesetz anwenden dürfte. Mehr als 100 Menschen sind unter Berufung auf das Gesetz schon festgenommen worden. Peking hatte das Gesetz nach anhaltenden Protesten in der chinesischen Sonderverwaltungsregion und Rufen nach mehr Demokratie erlassen. Es richtet sich dabei vage gegen Aktivitäten, die als umstürzlerisch, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch angesehen werden. Der Erlass des umstrittenen Gesetzes hatte in Hongkong und weltweit heftige Proteste ausgelöst.

Seither dient es den Behörden, zunehmend gegen die Demokratiebewegung in der früheren Kronkolonie vorzugehen. Nach den Vereinbarungen für die Rückgabe Hongkongs 1997 an China sollen die sieben Millionen Einwohnerinnen und Einwohner Hongkongs eigentlich weitgehende Autonomie und politische Freiheitsrechte genießen.

dpa/jb/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Hongkong: . In: Legal Tribune Online, 27.07.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45573 (abgerufen am: 25.11.2024 )

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