Seit April dieses Jahres wurde vor dem Landgericht Bonn in Sachen Cum-Ex verhandelt, nun steht das Urteil fest: Hanno Berger muss wegen Steuerhinterziehung für acht Jahre in Haft.
Früher war Hanno Berger als Beamter in der hessischen Steuerverwaltung selbst für den Staat tätig, später wirkte er bei einem Geschäftsmodell mit, mit dem der Fiskus um Milliarden geprellt wurde. Am Dienstag endete am Landgericht (LG) Bonn der erste Strafprozess gegen "Mister Cum-Ex". Berger wurde wegen besonders schwerer Steuerhinterziehung in drei Fällen zu einer Haftstrafe von acht Jahren verurteilt (Az. 62 KLs 2/20). Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor eine Freiheitsstrafe von neun Jahren gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Mit der Verurteilung kommt die Aufarbeitung des größten Steuerskandals der Bundesrepublik einen weiteren Schritt voran. Seit 2020 gab es bereits mehrere Schuldsprüche gegen Akteure in dem Geschäftsmodell, das von 2006 bis 2011 seine Hochphase hatte und den Staat Milliardenbeträge kostete.
Gemeinsam mit einem früheren Kanzleipartner soll Berger rund 27 Millionen Euro an den Staat zurückzahlen. Die Verteidigung hat ein Fehlverhalten ihres Mandanten eingeräumt. Der Zeitraum für die Fehler ist nach Darstellung des Anwalts aber deutlich kürzer als von der Anklage dargestellt.
Die Ankläger gehen davon aus, dass die drei Fälle der besonders schweren Steuerhinterziehung insgesamt von 2006 bis 2011 andauerten, den Steuerschaden beziffern sie auf mehr als 270 Millionen Euro. Vor Mai 2009 handelte Berger, der im Bonner Prozess zwischenzeitlich ein Teilgeständnis abgelegt hatte, nach Darstellung der Verteidigung ohne Vorsatz.
In einem der Fälle geht es um Bergers Zusammenarbeit mit der Hamburger Privatbank M.M.Warburg, die ebenfalls in die Cum-Ex-Deals verstrickt war. Der Angeklagte habe dem Finanzinstitut das Geschäftsmodell "beigebracht", sagte Staatsanwalt Jan Schletz in seinem Plädoyer.
Berger wird Hauptrolle im Cum-Ex-Komplex zugeschrieben
Berger ist der bekannteste Protagonist des Geschäftsmodells, das der Bundesgerichtshof im Jahr 2021 als Straftat gewertet hat. Er beriet Banken, Fonds und Investoren bei der Konstruktion der Geschäfte und warb über sein Netzwerk um vermögende Kunden. Im Gegenzug kassierte er Millionen.
Der 72-Jährige hat das Geschäftsmodell, bei dem Aktien mit und ohne Dividendenberechtigung rund um den Dividendenstichtag verschoben und gar nicht gezahlte Steuern erstattet wurden, zwar nicht erfunden. Er gilt aber als Wegbereiter, damit die Transaktionen in Deutschland im großen Stil betrieben werden konnten.
"Hanno Berger war einer der zentralen Köpfe hinter den illegalen Cum-Ex-Geschäften", sagt Gerhard Schick von der Bürgerbewegung Finanzwende. Das Urteil gegen Berger sei wegweisend. Er habe als eine Art Spindoctor agiert und dafür gesorgt, dass Cum-Ex unter vermögenden Privatanlegern groß werden konnte.
Mangelndes Aufklärungsinteresse?
Schick mahnt insgesamt mehr Tempo bei der Aufarbeitung des Steuerskandals an. "Wir sind im Jahr 11 nach der Unterbindung solcher Geschäfte und trotz über 1.500 Beschuldigter lassen sich die Angeklagten an wenigen Händen abzählen." Die Cum-Ex-Aufklärung sei über Jahre im Schneckentempo verlaufen, weil viele das Thema lieber unter den Teppich gekehrt hätten.
Ende 2012 hatte sich der Steuerexperte Berger in die Schweiz abgesetzt, wo er sich jahrelang der deutschen Justiz entziehen konnte. Erst im Februar 2022 wurde er an Deutschland ausgeliefert. Anschließend saß er in Untersuchungshaft. Parallel zum Bonner Verfahren läuft vor dem Wiesbadener Landgericht noch ein anderer Strafprozess gegen ihn, wo ihm weitere Cum-Ex-Vergehen vorgeworfen werden.
Die weitere Aufarbeitung des Cum-Ex-Komplexes dürfte noch Jahre dauern. Um die Flut an absehbaren Prozessen bewältigen zu können, wird in Bonns Nachbarstadt Siegburg derzeit ein neues Gebäude nur für künftige Cum-Ex-Prozesse gebaut. Das Gebäude soll 2024 fertig sein.
dpa/sts/LTO-Redaktion
Ende des Cum-Ex-Prozesses in Bonn: . In: Legal Tribune Online, 13.12.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50449 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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