Der Besuch von Joachim Gauck in Griechenland hat gezeigt: Die Griechen wollen auch fast 70 Jahre nach Kriegsende Reparationen von der Bundesrepublik. Doch wie bereits die Regierung, so winkt auch der Bundespräsident ab. Der Rechtsweg dazu sei abgeschlossen, sagte Gauck in Athen.
Bundespräsident Joachim Gauck hat bei seinem Besuch in Griechenland Forderungen nach Kriegsreparationen zurückgewiesen. Deutschland erkenne die moralische Schuld an, was Geldzahlungen angehe sei der Rechtsweg jedoch abgeschlossen.
Griechische Politiker und Hinterbliebenenverbände fordern immer wieder Reparationszahlungen von Deutschland für die Gräueltaten des Zweiten Weltkriegs. Athener Politiker machen unter anderem Ansprüche geltend aus einer Zwangsanleihe von 1942 in Höhe von 3,5 Milliarden US-Dollar (Preise von 1938). Der Kredit sollte nach Kriegsende zurückgezahlt werden.
115 Millionen D-Mark gezahlt
1953 verschob das Londoner Schuldenabkommen die Regelung der deutschen Reparationen auf die Zeit nach Abschluss eines "förmlichen Friedensvertrages". Athen erhielt aber im Rahmen eines Vertrages mit der Bundesrepublik von 1960 Reparationen in Höhe von 115 Millionen D-Mark.
Das Londoner Moratorium wurde 1990 durch den "Zwei-plus-Vier-Vertrag" zur Wiedervereinigung gegenstandslos. Nach Auffassung der Bundesregierung ergibt sich daraus, dass die Reparationsfrage nach dem Willen der Vertragspartner nicht mehr geregelt werden sollte. Die Staaten der damaligen Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) - darunter Griechenland - hätten dem in der Charta von Paris zugestimmt. In Athen wird aber argumentiert, dass die Unterzeichner den Vertrag nur "zur Kenntnis" genommen haben und die Entschädigungsfrage noch nicht geklärt sei.
Massaker von Distomo beschäftigte BGH
Auch Hinterbliebene aus Griechenland zogen Deutschland vor Gericht. 2003 wies der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Grundsatzurteil Forderungen griechischer Kläger ab. Es ging dabei um das SS-Massaker in Distomo von 1944 mit mindestens 217 Toten.
Laut BGH ließen sich Ansprüche der Hinterbliebenen weder aus dem Völkerrecht noch aus deutschem Amtshaftungsrecht ableiten (Urt. v. 26.05.2003, Az. III ZR 245/98). Für die Beurteilung der Forderungen sei die Rechtslage des Jahres 1944 maßgeblich, wobei aber nationalsozialistisches Gedankengut unberücksichtigt bleibe. Aus einer Verletzung des Kriegsvölkerrechts - hier der Haager Landkriegsordnung - könnten nach damaliger Auffassung allein Staaten, nicht aber Einzelpersonen Ansprüche ableiten.
Auch eine Haftung der Bundesrepublik für die Verletzung von Amtspflichten durch das Deutsche Reich lehnte der BGH ab. Für Kriegshandlungen sah das Recht damals keine Einstandspflicht des Staates vor. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigte diese Auffassung und nahm 2006 eine Klage von vier Griechen nicht zur Entscheidung an
(Urt. v. 15.02.2006, Az. 2 BvR 1476/03).
EuGH bekräftigt BGH-Entscheidung
Zwar hatte ein griechisches Gericht 1997 Nachkommen der Distomo-Opfer knapp 29 Millionen Euro zugesprochen. Nach Ansicht des BGH verstößt das griechische Urteil aber gegen den völkerrechtlichen Grundsatz der Staatenimmunität, wonach ein Staat nicht über einen anderen zu Gericht sitzen darf.
Diesen Grundsatz hatten 2002 der Europäische Gerichtshof (EuGH) für Menschenrechte und - in einem ähnlichen Fall - das "Oberste Sondergericht Griechenlands" bestätigt. Damit habe das griechische Urteil in Deutschland keine Rechtskraft, befand der BGH. Mit dem Karlsruher Urteil bleibt das Massaker in Deutschland ohne juristische Konsequenzen. Strafrechtliche Ermittlungen zum Massaker hatte die Münchner Justiz bereits Anfang der 1970er Jahre wegen Verjährung eingestellt.
una/dpa/LTO-Redaktion
Griechenland fordert weitere Reparationen: . In: Legal Tribune Online, 07.03.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11271 (abgerufen am: 15.11.2024 )
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