Lange ist darüber gestritten worden, nun ist sie da, die "Frauenquote" für Aufsichtsräte von Großunternehmen. Der Bundestag hat am Freitag das "Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst" beschlossen.
Ab 2016 gilt in börsennotierten Unternehmen, in denen die Arbeitnehmerseite voll mitbestimmungsberechtigt ist, bei der Aufsichtsratswahl eine Frauenquote von mindestens 30 Prozent. Das betrifft gut 100 Großunternehmen. 3.500 weitere Firmen müssen sich ab 2015 zumindest verbindliche Ziele für die Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen setzen.
Die betroffenen Unternehmen müssen die Quote ab dem kommenden Jahr sukzessive für die dann neu zu besetzenden Aufsichtsratsposten beachten. Die Mindestquote gilt grundsätzlich für den gesamten Aufsichtsrat als Organ. Dieser Gesamterfüllung kann jedoch von der Anteilseigner- oder der Arbeitnehmerseite vor jeder Wahl widersprochen werden, sodass deren jeweilige Repräsentanz im Aufsichtsrat die Mindestquote für diese Wahl gesondert zu erfüllen hat. Bei Nichterfüllung ist die quotenwidrige Wahl nichtig. Die für das unterrepräsentierte Geschlecht vorgesehenen Plätze bleiben rechtlich unbesetzt ("leerer Stuhl").
"Die Frauenquote ist der größte Beitrag zur Gleichberechtigung seit Einführung des Frauenwahlrechts. Nach der politischen Macht bekommen Frauen endlich einen fairen Anteil an der wirtschaftlichen Macht", lobte Bundesjustizminister Heiko Maas das neue Gesetz. Es gäbe genug gut ausgebildete Frauen, um die Quoten zu erfüllen. Er sei daher zuversichtlich, dass "am Ende kein einziger Sitz in den Aufsichtsräten frei bleiben wird." Mit der Quote werde ein notweniger Kulturwandel in Deutschlands Unternehmen angestoßen.
Der "Kulturwandel" geht den einen zu weit, den anderen nicht weit genug
Von einem solchen sprach auch Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig nach der Abstimmung im Bundestag: "Der Kulturwandel hat begonnen. Das Gesetz wird nicht nur für Frauen in Führungsgremien wirken. Es wird für alle Frauen wirken, die in den Unternehmen und im öffentlichen Dienst arbeiten. Die feste Frauenquote gilt für große Unternehmen, und damit für viele, viele Frauen, die dort beschäftigt sind. Die Widerstände gegen dieses Gesetz machen die Widerstände sichtbar, die jede Frau im Arbeitsalltag überwinden muss. Er hat gezeigt, dass wir für Frauenrechte kämpfen müssen. Veränderung kommt nicht von allein."
Bis zuletzt hatte es Kritik und verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Regierungsentwurf gegeben. Dabei ging es vor allem um die ebenfalls geplante Umsetzung im öffentlichen Dienst und eine dort vorgesehene "Männerquote" etwa bei Erziehern und Grundschullehrern. Während Grüne und Linke der 30-Prozent-Quote in der Privatwirtschaft trotz weitergehender Forderungen zustimmten, lehnten sie die ebenfalls beschlossene Novellierung von Bundesgleichstellungsgesetz und Bundesgremienbesetzungsgesetz ab.
Für die Besetzung von Aufsichtsgremien, in denen dem Bund mindestens drei Sitze zustehen, gilt ab 2016 eine Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent für alle Neubesetzungen dieser Sitze. Ab dem Jahr 2018 ist es Ziel, diesen Anteil auf 50 Prozent zu erhöhen.
Im Januar hatte das Justizministerium unter Berufung auf Zahlen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) mitgeteilt, dass derzeit die Frauenquote in den Aufsichtsräten der 200 größten Unternehmen in Deutschland bei 18,4 Prozent liege, in den Vorständen bei nur 5,4 Prozent.
mbr/LTO-Redaktion
Mit Materialien von dpa.
Bundestag beschließt Frauenquote: . In: Legal Tribune Online, 06.03.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14874 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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