Die Generalstaatsanwaltschaft hat beim OLG in Schleswig einen Auslieferungshaftbefehl für den katalanischen Separatistenführer Carles Puigdemont beantragt. Das Gericht muss jetzt entscheiden, ob er dem spanischen Staat übergeben wird.
Juristisch zieht sich die Schlinge für Carles Puigdemont weiter zu: Die Generalstaatsanwaltschaft (GStA) Schleswig-Holstein hat am Dienstag gemäß § 15 des Gesetzes über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) einen Auslieferungshaftbefehl für den katalanischen Separatistenführer beantragt. Darüber muss jetzt das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) entscheiden.
Der 55-jährige Puigdemont war am 25. März bei der Einreise aus Dänemark auf einer Autobahnraststätte an der A7 bei Schleswig festgenommen worden. Grundlage hierfür war ein von Spanien erwirkter Europäischer Haftbefehl.
Nach intensiver Prüfung des Haftbefehls des Tribunal Suprema in Madrid vom 23. März 2018 ist der Generalstaatsanwalt zu dem Ergebnis gelangt, dass "ein zulässiges Auslieferungsersuchen vorliegt, mit einer Durchführung des ordnungsgemäßen Auslieferungsverfahrens zu rechnen ist und der Haftgrund der Fluchtgefahr vorliegt", heißt es in einer Erklärung der Behörde.
Mit dem Europäischen Haftbefehl wollen die spanischen Behörden die Auslieferung Puigdemonts wegen Rebellion (Art. 472 Abs. 5 und 7 des spanischen Strafgesetzbuchs (CP)) und der Veruntreuung öffentlicher Gelder (Art. 432, 252 CP) erreichen. Über die Frage, ob eine Auslieferung des katalanischen Seperatistenführers politisch und juristisch legitim ist, war in den letzten Tagen heftig gestritten worden.
Rebellion und Veruntreuung öffentlicher Gelder
Der Vorwurf der Rebellion beinhaltet im Kern den Vorwurf der Durchführung eines verfassungswidrigen Referendums trotz zu erwartender gewaltsamer Ausschreitungen. Laut Mitteilung der GStA finde dieser Vorwurf "eine vergleichbare Entsprechung im Deutschen Strafrecht in den §§ 81, 82 StGB (Hochverrat)". Eine wortgleiche Übereinstimmung der deutschen und spanischen Vorschriften sei insoweit "gesetzlich nicht gefordert".
Am 28. September 2017 soll Puigdemont mit anderen Regierungsmitgliedern Kataloniens bei einem Treffen mit führenden Polizeikräften entschieden haben, ein Referendum zur Frage der Unabhängigkeit Kataloniens durchzuführen, obwohl bereits in den Jahren zuvor vom spanischen Verfassungsgericht wiederholt und grundsätzlich festgestellt worden war, dass ein solches nicht mit der spanischen Verfassung vereinbar sei. Dabei sei seitens der Polizeikräfte darauf hingewiesen worden, dass angesichts der gewaltsamen Auseinandersetzungen, die bereits am 20. September 2017 zwischen Bürgern und der Guardia Civil stattgefunden hatten, eine Eskalation der Gewalt für den Tag des Referendums (1. Oktober 2017) zu erwarten sei.
Soweit Puigdemont außerdem wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder zur Durchführung des Referendums und – nach dem Verständnis der spanischen Behörden – der Korruption beschuldigt werde, so die GStA weiter, entspreche dies nach hiesigem Recht "einer Strafbarkeit nach § 266 des deutschen StGB (Untreue)".
Laut Angaben spanischer Behörden belaufen sich die für das Referendum vom 1. Oktober 2017 angefallenen Kosten auf rund 1,6 Millionen Euro. Das Geld sei unter anderem für die Durchführung von Werbekampagnen sowie den Druck von Stimmzetteln und Wahllisten ausgegeben worden.
OLG prüft Übergabe an spanische Behörden
Nach dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft auf einen Auslieferungshaftbefehl muss das OLG nun zunächst prüfen, ob Puigdemont in Auslieferungshaft genommen wird. Das OLG zieht dazu die Unterlagen aus Spanien heran, aus denen sich der Grund für die Auslieferung ergeben muss.
In einem weiteren Schritt prüft das OLG dann, ob eine Übergabe von Puigdemont an die spanischen Behörden rechtlich zulässig ist. Sollte das Gericht zu diesem Ergebnis kommen, befindet über deren Durchführung abschließend die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig. Puigdemont könnte gegen die Entscheidung aber noch Verfassungsbeschwerde einlegen.
Der Politiker war auf der Rückfahrt von einer Skandinavienreise nach Belgien am 25. März auf der Autobahn A7 in Schleswig-Holstein festgenommen worden. Im vergangenen Herbst war er im Zuge des verbotenen Unabhängigkeitsreferendums in Katalonien ins Exil geflüchtet. Das Amtsgericht Neumünster entschied am 26. März, dass Puigdemont weiter im Gewahrsam bleibt.
Puigdemont hat vor dem Obersten Gerichtshof Spaniens Widerspruch gegen den Vorwurf der Rebellion eingelegt. Darüber hinaus forderte er das Gericht auf, Anschuldigungen zurückzuweisen, er habe öffentliche Mittel veruntreut, wie aus einem am Montag von spanischen Medien zitierten 85-seitigen Schreiben hervorgeht. Am 1. Oktober, dem Tag des katalanischen Unabhängigkeitsreferendums, habe es keinerlei Gewalt gegeben - dies sei aber die Voraussetzung für den Vorwurf der Rebellion, hieß es in dem Widerspruch weiter. Mit einer Entscheidung des OLG Schleswig-Holstein wird noch in dieser Woche gerechnet.
dpa/hs/LTO-Redaktion
Generalstaatsanwalt beantragt Auslieferungshaft: . In: Legal Tribune Online, 03.04.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27829 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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