Aufwendungen für ein nach dem Abitur aufgenommenes Erststudium sind steuerlich nicht als Werbungskosten, sondern nur als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Etwas anderes gelte nur, wenn das Erststudium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinde. Dies entschied der 5. senat des FG in einem am Mittwoch bekannt gewordenen Urteil.
Das Finanzgericht (FG) verwies in seiner Begründung auf das am 14. Dezember 2011 in Kraft getretene Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (BeitrRLUmsG) vom 7. Dezember 2011. Hiernach ergebe sich mit Wirkung zum 1. Januar 2004 ausdrücklich, dass Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium keine Werbungskosten darstellen, wenn die Berufsausbildung oder das Studium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinde (Urt. v. 20.12.2011, Az. 5 K 3975/09).
Geklagt hatte ein Student, der 2007 lediglich geringe Einkünfte in Höhe von etwa 1.600 Euro aus nichtselbstständiger Arbeit erzielte. Für einen Studienaufenthalt im Ausland hatte er verschiedene Kosten getragen, die er in seiner Steuererklärung als vorweggenommene Werbungskosten in Höhe von ca. 18.600 Euro geltend machte. Das Finanzamt berücksichtigte die Studienkosten lediglich als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 4.000 Euro. Außerdem lehnte es ab, einen Verlustvortrag in Höhe der weiteren Aufwendungen des Studenten für das Folgejahr festzustellen. So konnte dieser, der nach Abschluss des Studiums im Jahr 2008 als Assistent eines Vertriebsvorstandes arbeitete, die Aufwendungen für das Studium auch 2008 steuerlich nicht nutzen.
Trotz Rückwirkung kein Verfassungsverstoss
Der 5. Senat bestätigte die Auffassung des Finanzamtes. Einen Verfassungsverstoß sahen die Richter in der gesetzlichen Neuregelung trotz der darin vorgesehenen Rückwirkung zum 1. Januar 2004 nicht. Diese sogenannte echte Rückwirkung sei ausnahmsweise zulässig. Der Gesetzgeber habe mit der Zuordnung der Aufwendungen zu den Sonderausgaben lediglich die Rechtslage rückwirkend festgeschrieben, die bis zur Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung der einhelligen Rechtsanwendungspraxis entsprochen habe.
Auch habe der Kläger kein schutzwürdiges Vertrauen in die Abzugsfähigkeit seiner Aufwendungen als Werbungskosten bilden können. Schutzwürdiges Vertrauen in eine Rechtslage aufgrund einer höchstrichterlichen Rechtsprechung entstehe allenfalls dann, wenn es sich um eine gefestigte, langjährige Rechtsprechung handele. Als eine solche gefestigte, langjährige Rechtsprechung sei die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes anzusehen, in der er die Kosten des Erststudiums als Sonderausgaben angesehen habe, nicht hingegen die spätere Fortentwicklung bzw. Änderung dieser Rechtsprechung zugunsten der Einordnung als Werbungskosten.
Nach dem Urteil des FG ist der Abzug von Studienkosten damit nicht nur der Höhe nach auf jährlich 4.000 Euro beschränkt. Da es im Bereich der Sonderausgaben keinen sogenannten Verlustvortrag gibt, können Studenten, die während der Ausbildung nur wenig Geld verdienen, die angefallenen Studienkosten auch nicht später, wenn sie höhere Einkünfte erzielen, steuerlich nutzen.
tko/LTO-Redaktion
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FG Münster: . In: Legal Tribune Online, 01.02.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5460 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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