Mehr als vier Jahre nach seiner Sexvideo-Affäre klagt der frühere Motorsportboss Max Mosley gegen den Suchmaschinenbetreiber. Der 72-Jährige will Google generell verbieten lassen, Bilder aus dem heimlich aufgenommenen Video einer Sex-Party mit Prostituierten zu verbreiten. Die umstrittenen Fotos seien rechtswidrig, weil sie den Briten in seinen Persönlichkeitsrechten und seiner Intimsphäre verletzten, sagte die Vorsitzende Richterin am Freitag zum Auftakt des Prozesses.
Die Vorsitzende Richterin der Pressekammer am Landgericht (LG) diskutierte mit den Beteiligten, ob Google eine Filtersoftware entwickeln muss, um die beanstandeten Bilder in den Suchergebnissen gar nicht erst anzuzeigen. Bisher hat Mosley verschiedene Medien einzeln abgemahnt, um die Fotos zu löschen.
Dem ehemaligen Präsidenten des Internationalen Automobilverbandes gehe es auch darum, "ein Pilotverfahren für Leute zu führen, die sich vielleicht nicht so wehren können wie er", sagte seine Anwältin Tanja Irion. Mitte des Jahres hatte sie bei der Hamburger Staatsanwaltschaft zudem Strafanzeige gegen Verantwortliche von Google erstattet.
Das Internet ist "wie eine Hydra für die Betroffenen"
In etwa 400 bis 500 Fällen hätten sie Betreiber angeschrieben, erklärte Irion. Aber: "Wenn wir 20 Fotos aus dem Netz löschen lassen von den jeweiligen Betreibern, kommen die nächsten 20 hoch. [...] Muss ein Betroffener, der so schwer in seinen Rechten verletzt wird, sich tatsächlich jede Woche hinsetzen und das sozusagen händisch machen?" Schließlich würden Seiten angezeigt, "die würde ein normaler Nutzer niemals finden ohne Google." Das Internet sei "wie eine Hydra für die Betroffenen", sagte die Richterin.
Google hält den Einsatz einer Filtersoftware dagegen für Zensur. Mosley wolle den Konzern dazu verpflichten, "das gesamte Internet für alle Zeit" zu durchforsten, um Bilder zu sperren, sagte Anwalt Jörg Wimmers. "Das wäre einmalig." Sollte das Gericht eine solche Entscheidung treffen, könnten das in Zukunft auch andere Privatleute verlangen. Mosleys Anwältin wandte sich gegen den Vorwurf der Zensur: "Es geht überhaupt nicht um die Freiheit des Internets."
Wie umfangreich sind die Prüfpflichten von Google
Der Suchmaschinenbetreiber hält eine Filtersoftware zudem für fehleranfällig, wie Sprecher Kay Oberbeck sagte - es könnten auch Seiten herausgefiltert werden, die rechtmäßig seien. Mosleys Anwältin sieht dagegen keine technischen Schwierigkeiten. Ein Gutachten in ihrem Auftrag habe gezeigt: "Das ist technisch ganz unproblematisch möglich." Der Leiter der Abteilung Recht von Google Nordeuropa, Arnd Haller, erklärte zudem: "Die Google Suchresultate spiegeln die Informationen von Milliarden von Internetseiten wider. Wir kontrollieren nicht das, was andere online veröffentlichen und können es auch nicht."
Im Mittelpunkt des Verfahrens steht die Frage, wie umfangreich die Prüfpflichten sind, die Google zugemutet werden können. In manchen Bereichen - etwa Kinderpornografie - werde bei Google bereits gefiltert, erklärte die Richterin.
Eine Entscheidung in dem Prozess wird erst in einigen Monaten erwartet. Mosley erschien am Freitag nicht persönlich vor der Pressekammer. Das Hamburger Gericht erklärte sich zum Auftakt der Verhandlung für zuständig. Google hatte dies bezweifelt - schließlich sei Mosley Brite, und der Konzern habe seinen Hauptsitz in den USA.
dpa/tko/LTO-Redaktion
LG Hamburg zu Persönlichkeitsrechten: . In: Legal Tribune Online, 29.09.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7209 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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