Der Europäische Rat stimmte über seine Verhandlungspositionen zum Digital Service Act und Digital Markets Act ab. Zusammen sollen sie Plattformen zu mehr Transparenz verpflichten und Hassrede bekämpfen.
Die für Binnenmarkt und Industrie zuständigen EU-Minister:innen legten am Donnerstag endgültig ihre Verhandlungsposition bei zwei wichtigen Digital-Gesetzen fest. Das Gesetz über digitale Märkte (DMA, Digital Markets Act) soll die Marktmacht von Internet-Riesen wie Facebook, Amazon und Google begrenzen. Das Gesetz über digitale Dienste (DSA, Digital Services Act) befasst sich mit gesellschaftlichen Aspekten wie Hassrede und gefälschten Produkten im Netz.
Der DMA zielt auf sogenannte Gatekeeper (Torwächter) ab, die erhebliche Auswirkungen auf den Binnenmarkt haben. Darunter fallen der Position der EU-Staaten zufolge Plattformen wie Suchmaschinen oder Soziale Netzwerke mit mindestens 45 Millionen aktiven monatlichen Nutzer:innen in der EU oder 10.000 jährlichen Geschäftskunden. Beim Jahresumsatz liegt die Schwelle bei 6,5 Milliarden Euro. Die Gatekeeper müssen bestimmte Regeln befolgen. Tun sie das nicht, drohen Strafen in Milliardenhöhe.
Beim DSA gilt: Was offline verboten ist, soll auch online verboten sein - etwa der Verkauf gefälschter Produkte oder illegale Hassrede. Je größer die Plattform, desto mehr Regeln muss sie beachten.
Amtierende Bundesregierung hofft auf Nachschärfung
Die EU-Kommission hatte DMA und DSA Ende 2020 vorgeschlagen. Das Europaparlament will die eigene Linie bei beiden Gesetzen voraussichtlich Mitte Dezember endgültig festzurren. Anfang Januar sollen dann die Verhandlungen zwischen dem Parlament und dem Europäischen Rat beginnen. Die amtierende Bundesregierung hofft, dass beim Gesetz über digitale Dienste dann noch nachgeschärft wird.
Deshalb hat die deutsche Vertreterin eine Zusatzerklärung abgegeben, als die Ständigen Vertreter über den DSA abgestimmt haben. In dem Text, der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, heißt es unter anderem, "dass zur Gewährleistung einer noch höheren Wirksamkeit des DSA weitere Verbesserungen notwendig sind". Unter anderem wird die Befürchtung geäußert, der Kinder- und Jugendmedienschutz könnte abgeschwächt werden. Auch fordert die Bundesregierung, Löschpflichten und -fristen für sehr große Online-Plattformen strenger zu gestalten.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) zufolge habe die EU einen wegweisenden Beschluss gefasst. "Mit verbindlichen europaweiten Regeln werden wir Hass und Hetze sowie weiteren illegalen Inhalten im Netz konsequent einen Riegel vorschieben. Zudem verbessern wir den Verbraucherschutz auf Online-Plattformen deutlich", so Lambrecht.
Facebook sieht Innovationsbremse
Der Branchenverband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche Bitkom befürwortet laut Pressemitteilung, dass ein einheitlicher Rechtsrahmen geschaffen wird und es nicht zu nationalen Einzellösungen kommt. "Die Entwürfe für einen Digital Services Act sowie einen Digital Markets Act sind aus Sicht des Bitkom überwiegend ausbalanciert, erfordern aber insbesondere dort noch Anpassungen, wo der Kreis der betroffenen Unternehmen und Plattformen definiert wird", so der Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.
Die Beratungsstelle HateAid hingegen ist der Ansicht, dass der Rat in mehreren wichtigen Fragen hinter den Erwartungen zurückbleibt. "Der Rat der EU lässt Millionen von Nutzer:innen und Betroffene digitaler Gewalt im Stich. Grundlegende Instrumente zur Durchsetzung der Rechte Betroffener sind nicht zugänglich. Dies trifft vor allem Frauen, da sie eine der am meisten gefährdeten Gruppen im Internet sind", so die Geschäftsführerin Anna-Lena von Hodenberg in einer Pressemitteilung.
Von den Konzernen kam bereits in den vergangenen Monaten Gegenwind. So kritisierte Apple, der DMA könnte Sicherheit und Privatsphäre der iPhone-Nutzer:innen gefährden, wenn das Laden von Apps aus anderen Plattformen erzwungen werde. Facebook warnte vor zu strikten politischen Vorgaben, die Innovationen abzuwürgen drohten.
dpa/pdi/LTO-Redaktion
Europäischer Rat zu DSA und DMA: . In: Legal Tribune Online, 25.11.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46761 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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