EuGH zu Einsicht in Verfahrensdokumente: Teil­sieg für Pira­ten­po­li­tiker

18.07.2017

2/2: Verordnung enthält Ausnahmen

Dies bekräftigte man in Luxemburg mit einem Verweis auf den Vertrag von Lissabon, laut dem zwar der EuGH, wenn er Rechtsprechungsaufgaben wahrnehme, von der Regelung über den Zugang zu Dokumenten ausgenommen bleibe. Der Anwendungsbereich des Transparenzgrundsatzes im Unionsrecht durch den Vertrag sei jedoch erweitert worden mit dem Ziel, eine offene europäische Verwaltung zu schaffen.

Die Verordnung gewähre daher zwar keinen Anspruch auf Zugang zu Dokumenten, die an den Gerichtshof gerichtet seien, so die Luxemburger Richter. Doch Schriftsätze, die im Zusammenhang mit Verfahren vor dem EuGH stünden und sich im Besitz eines in der Verordnung aufgezählten Unionsorgans befänden, seien davon durchaus umfasst. Die Interessen der Verfahrensbeteiligten würden durch die in der Verordnung vorgesehenen Ausnahmen ausreichend gewahrt, meinten die Richter.

So sehe diese etwa vor, dass die Organe den Zugang zu einem Dokument insbesondere
dann verweigern könnten, wenn durch seine Verbreitung der Schutz von Gerichtsverfahren beeinträchtigt würde - es sei denn, es bestünde ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung des betreffenden Dokuments.

"Mangelhafte Transparenz der europäischen Justiz"

An diesem Punkt der richterlichen Ausführungen gab es denn auch den ersten Rückschlag für den teilweise siegreichen Breyer. Es gebe eine allgemeine Vermutung, so der Gerichtshof, wonach die Verbreitung der von einem Organ eingereichten Schriftsätze den Schutz dieses Verfahrens im Sinne der genannten Ausnahme beeinträchtige, solange das Verfahren anhängig sei.

"Die Transparenz der europäischen Justiz bleibt nach diesem Urteil mangelhaft und dringend verbesserungsbedürftig", erklärte Breyer in einer Mitteilung. "Da die Luxemburger Richter Transparenz in laufenden Verfahren ohne Grund als Bedrohung zu betrachten scheinen, muss der Gesetzgeber handeln und die Verfahrensregeln nach Vorbild des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs überarbeiten", so der Bürgerrechtler. "Dass Parteien nach Meinung des EuGH gar generell zur Geheimhaltung von Schriftsätzen – sogar der selbst verfassten Schriftsätze – verpflichtet sein sollen, ist inakzeptabel und gefährdet die Pressefreiheit."

Ebenfalls nachteilig für den Politiker fiel auch die Kostenentscheidung aus: Wenngleich die Kommission vollständig unterlegen sei, müsse Breyer die Hälfte seiner Verfahrenskosten tragen, weil er anonymisierte Fassungen der im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens gewechselten Schriftsätze im Internet veröffentlicht habe. Dies stelle eine unangemessene Verwendung der Schriftsätze dar und sei mit der Kostenentscheidung zu ahnden, so der EuGH.

Die beantragten Schriftsätze wird die Kommission aber nun herausgeben müssen, da das ihnen zugrunde liegenden Verfahren bereits beendet ist.

mam/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH zu Einsicht in Verfahrensdokumente: . In: Legal Tribune Online, 18.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23493 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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