Nach der EU-Rückführungsrichtlinie dürfen Abschiebehäftlinge nicht gemeinsam mit Strafgefangenen untergebracht werden. Diese Praxis ist in den deutschen Bundesländern allerdings selten, nur sechs verfügen überhaupt über spezielle Einrichtungen. Die übrigen zehn machten es sich zu leicht, findet Generalanwalt Bot vor dem EuGH.
In Deutschland sind die Bundesländer für die Inhaftierung von illegalen Einwanderern zuständig. Nach der EU-Rückführungsrichtlinie von 2008 muss dies in einer gesonderten Einrichtung erfolgen. Nur ausnahmsweise dürfen sie in gewöhnlichen Haftanstalten untergebracht werden. In zehn Bundesländern ist die gemeinsame Inhaftierung mit Strafgefangenen aber die Regel, da die Länder gar nicht erst über spezielle Gefängnisse verfügen.
Hessen und Bayern sind solche Länder. In insgesamt drei Verfahren kam sowohl der Bundesgerichtshof (BGH) als auch das Landgericht (LG) München I zu dem Ergebnis, man müsse die Sache dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorlegen. Die Bundesländer hatten Abschiebehäftlinge stets in gewöhnliche Justizvollzugsanstalten verbracht. Der EuGH wird nun zu klären haben, ob sich ein Bundesland darauf berufen darf, keine speziellen Einrichtungen zur Verfügung zu haben (Az. C-473/13 u.a.).
Bot spricht sich für Kooperationsvertrag aus
Nach Ansicht des Generalanwalts Bot darf die Abschiebehaft nicht mit einer Inhaftierung für Strafgefangene gleichgesetzt werden. Daher seien separate Einrichtungen geboten, etwas anderes dürfe nur im Ausnahmefall gelten. Erst wenn ein Mitgliedstaat in einer "Notlage" sei*, dürfe er Abzuschiebende in einer JVA unterbringen. Selbst dann müssten Migranten und Strafgefangene aber getrennt voneinander untergebracht werden.
Es sei auch unerheblich, ob der Betroffene einer gemeinsamen Unterbringung zugestimmt habe. Denn es können nicht ausgeschlossen werden, dass eine solche Entscheidung unter Druck oder Unkenntnis getroffen werden.
Die föderale Organisation Deutschlands sei im Übrigen kein Hindernis, Betroffene auch in anderen Bundesländern unterzubringen, gab Bot zu verstehen. Die deutschen Bundesländer könnten schließlich Kooperationsverträge abschließen.
Der EuGH ist an die Schlussanträge des Generalanwalts nicht gebunden, sie dienen lediglich als Entscheidungsvorschlag. Wann der EuGH in der Sache entscheidet ist noch nicht bekannt.
* Anm. d. Red: Hier stand zunächst fälschlicherweise: "Erst wenn ein Mitgliedstaat andernfalls "Notlager" einrichten müsste" (geändert am 30.04.14, 16:39 Uhr).
una/LTO-Redaktion
Generalanwalt zur Abschiebehaft: . In: Legal Tribune Online, 30.04.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11835 (abgerufen am: 15.11.2024 )
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