Die Entscheidungen über den Sitz der Europäischen Arzneimittelagentur und der Europäische Arbeitsbehörde sind politische Handlungen ohne verbindliche Rechtswirkungen. Sie können nicht Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein, so der EuGH.
Die Mitgliedsstaaten der EU hatten einvernehmlich den Sitz der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) und der Europäische Arbeitsbehörde (ELA) bestimmt. Rechtsverbindlich ist das jedoch nicht, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag geurteilt. Eine Nichtigkeitsklage könne gegen die Einigung daher nicht erhoben werden (Urt. v. 14.07.2022, Az. C-59/18 u.a).
Am 20. November 2017 hatten die Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten die Stadt Amsterdam als Ersatz für London zum neuen Standort für den Sitz der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) gewählt. Im Juni 2019 hatten sie außerdem beschlossen, dass die neu geschaffene Europäische Arbeitsbehörde (ELA) ihren Sitz in Bratislava haben solle. Italien, die Comune di Milano, und das Euopäische Parlament hatten diese Entscheidungen angefochten.
Politische Beschlüsse ohne Rechtsverbindlichkeit
Doch der EuGH hat alle Klagen abgewiesen. Art. 341 AEUV, nach dem der Sitz der Organe der Union im Einvernehmen zwischen den Regierungen der Mitgliedstaaten bestimmt wird, könne auf die Bestimmung des Sitzes einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union wie der EMA und der ELA nicht angewendet werden. In der Konsequenz sei der Unionsgesetzgeber und nicht die Mitgliedstaaten für die Festlegung des Ortes des Sitzes zuständig ist.
Somit seien die im November 2017 bzw. Juni 2019 gefassten Beschlüsse der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten nicht als Handlungen des Rates einzustufen. Die Beschlüsse seien in einem Bereich getroffen worden, in denen in den Veträgen kein Handeln der Mitgliedsstaaten vorgesehen ist. Daher entbehren sie im Unionsrecht jeder verbindlichen Rechtswirkung. Es seien bloß politische Beschlüsse der Mitgliedstaaten, so der EuGH. Diese können aber nicht Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein.
Auch seien durch die Beschlüsse keine Rechte des EU-Parlaments verletzt, wie es die Comune di Milano und die italienische Regierung angenommen hatten. Der EuGH führte dazu aus, dass diese Beschlüsse der Mitgliedsstaaten eine politischen Zusammenarbeit seien. Dieser komme aber keine Verbindlichkeit zu, die das Ermessen des Unionsgesetzgebers beschränken könnten. Es könne daher nicht angenommen werden, dass das Parlament auf die Ausübung seiner Gesetzgebungsbefugnisse verzichtete, weil es sich an den fraglichen Beschluss gebunden fühlte.
cp/LTO-Redaktion
EuGH zur Arzneimittelagentur und Arbeitsbehörde: . In: Legal Tribune Online, 15.07.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49064 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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