Niederlage für die Bundesregierung vor dem EuGH: Das Gericht verurteilt Deutschland, weil es zu viel Rücksicht auf die Autoindustrie nahm. Giftige Treibhausgase in Klimaanlagen von Daimler-Fahrzeugen hätten früher verboten werden müssen.
Deutschland ist zu nachsichtig mit dem Autobauer Daimler umgegangen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) verurteilte die Bundesrepublik am Donnerstag, weil sie nicht rechtzeitig dafür gesorgt habe, dass ein klimaschädliches Treibhausgas in Klimaanlagen von mehr als 133.000 Daimler-Fahrzeugen nicht mehr verwendet wird (Rechtssache C-668/16).
Damit gab der EuGH nach jahrelangem Streit in Teilen einer Vertragsverletzungsklage der EU-Kommission statt, die für die Verfolgung von Verstößen gegen EU-Recht zuständig ist. Eine Strafe gibt es nicht, der Gerichtshof stellte lediglich Richtlinienverstöße fest. Deutschland muss die eigenen Gerichtskosten tragen sowie die Hälfte der Kosten der EU-Kommission. Im Zuge des Diesel-Abgasskandals werfen Umweltverbände und Verbraucherschützer der Bundesregierung immer wieder vor, zu nachsichtig mit der Autoindustrie umzugehen.
Die Brüsseler Behörde hatte 2014 ein Verfahren gegen Deutschland eingeleitet, weil es den Einsatz des nach EU-Recht für neue Modelle verbotenen Treibhausgases R-134a in Klimaanlagen zugelassen hatte. Erst im März 2017 – also mehr als zwei Jahre nach Ablauf der Frist von zwei Monaten, die die EU-Kommission gesetzt hatte – ordnete das Kraftfahrt-Bundesamt eine Umrüstung an.
Strafzahlungen bleiben möglich
Daimler hatte den Einsatz damit begründet, dass von der vorgesehenen und umweltfreundlicheren Chemikalie R-1234yf ein Sicherheitsrisiko ausgehe. Bei einem Daimler-Test im Herbst 2012 war R-1234yf in Flammen aufgegangen. Andere Hersteller sowie das Kraftfahrt-Bundesamt und die Gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen Kommission teilten die Bedenken nicht. Auch eine zusätzliche Risikoanalyse ergab keine Hinweise auf besondere Gefahren.
Das Kältemittel R134a hat ein Treibhauspotenzial (GWP) von nahezu 1.300, während das umweltfreundlichere Kältemittel R1234yf ein Treibhauspotenzial von 4 hat. Die Klimaanlagen-Richtlinie von 2006 sieht vor, dass in den Klimaanlagen aller nach dem 1. Januar 2011 genehmigten Fahrzeugtypen ein Kältemittel mit einem Treibhauspotenzial von nicht mehr als 150 verwendet wird.
Sollte die EU-Kommission der Ansicht sein, die von Deutschland 2017 getroffenen Maßnahmen seien immer noch nicht ausreichend, kann sie den EuGH nach Angaben eines Gerichtssprechers erneut anrufen. Dann könnten auch Strafzahlungen für Deutschland fällig werden.
In einem anderen Punkt wies der EuGH eine Rüge der EU-Kommission zurück. Die Brüsseler Behörde war der Ansicht, Deutschland habe eine Typenzulassung im März 2013 unzulässigerweise auf weitere Modelle ausgeweitet. Dies betreffe etwa 660.000 Autos, die zwischen 2013 und 2016 verkauft worden seien. Der EuGH bemängelte jedoch, die EU-Kommission habe nicht genügend Belege vorgelegt. Zudem sei eine Erweiterung älterer Genehmigungen zulässig.
dpa/hs/mgö/LTO-Redaktion
EuGH verurteilt Deutschland beim Klimaschutz: . In: Legal Tribune Online, 04.10.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/31301 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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