Bei der mündlichen Verhandlung am Dienstag nahmen die Luxemburger Richter die Verteidiger der Vorratsdatenspeicherung mit bohrenden Fragen in die Zange. Als die Vertreter der österreichischen Regierung die Statistik bemühten, kam es immer wieder zu Nachfragen.
Zwischen April 2012 und 2013 griffen die österreichischen Ermittler in 326 Fällen auf Telefon- oder Internetverbindungsdaten zu, wie der Anwalt der Regierung aus Wien vortrug. 139 dieser Fälle seien abgeschlossen, in 56 davon habe die Speicherung wesentlich zur Aufklärung von Straftaten beigetragen.
Aber was für Fälle waren das? Zum Kampf gegen schwere Kriminalität ist die Datensammlung konzipiert. Bei der Aufzählung aus Österreich ist aber viel Diebstahl und Stalking dabei, schwere Verbrechen oder Terrorverdacht suchen die Richter vergeblich. Sie bohren nach: "Sind Diebstahl und Stalking in Österreich schwere Kriminalität?" Der Anwalt gerät ins Schwimmen. Nun ja, "Terrorismus dezidiert ist hier nicht aufgeschienen", räumt er ein. Zu organisierter Kriminalität könne er auf Basis dieser Zahlen auch nichts sagen.
Vorratsdatenspeicherung im Kampf gegen Terrorismus
In der EU müssen Telekommunikationsanbieter seit ein paar Jahren so ziemlich alles auf Vorrat sammeln, was von ihren Kunden beim Telefonieren, Surfen und Mailen anfällt: Name, Anschrift, Rufnummer, Uhrzeit, Datum und Dauer einer Telefonverbindung, Handy-Standort, Verbindungsdaten zu SMS, Internet-Nutzung und E-Mails - nicht aber die Inhalte der Kommunikation. Diese Vorratsdatenspeicherung, ohne konkreten Anlass oder Verdacht, soll beim Kampf gegen Terrorismus und schwere Straftaten helfen. Die Daten werden gespeichert für den Fall, dass Ermittler sie einmal brauchen.
Die EU-Richtlinie gibt es seit 2006. Befürworter bezeichnen die Bedinungen als unabdingbar, um Kriminalität einzudämmen oder aber vor Terror zu schützen. Kritiker beklagen dagegen einen inakzeptablen Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Bürger. Sie sprechen von Komplettüberwachung und bezweifeln den Nutzen des Instruments.
Auch in Irland und Österreich gibt es Bedenken. Kläger dort wehren sich vor nationalen Gerichten gegen die Vorratsdatenspeicherung. Nun soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) helfen und klären, ob die Regelung mit der EU-Grundrechtecharta vereinbar ist.
Mit einer schnellen Entscheidung ist nicht zu rechnen, ein Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet (Az. C-293/12 und C-594/12).
dpa/tko/LTO-Redaktion
EuGH verhandelt über Vorratsdatenspeicherung: . In: Legal Tribune Online, 09.07.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9106 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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