Mitgliedsstaaten dürfen Freiheitsstrafen gegen Drittstaatler verhängen, die trotz eines Verbots einreisen. Nationale Regeln, die hierfür Haft vorsehen, verstoßen nicht gegen die EU-Rückführungsrichtlinie, entschied der EuGH.
EU-Mitgliedstaaten dürfen Drittstaatsangehörige inhaftieren, die unter Verstoß gegen ein Einreiseverbot illegal in das Hoheitsgebiet dieses Staates einreisen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass die Richtlinie 2008/115/EG über die Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungsrichtlinie) einer entsprechenden Regelung grundsätzlich nicht entgegen steht (Urt. v. 01.10.2015, Az. C-290/14).
Die Rückführungsrichtlinie legt die in allen Mitgliedstaaten geltenden Normen und Verfahren fest für die Abschiebung von Drittstaatsangehörigen, die sich illegal dort aufhalten.
Ein albanischer Staatsangehöriger, der sich im italienischen Hoheitsgebiet aufhielt, hatte ein Ausweisungsdekret und eine Abschiebungsanordnung, verbunden mit einem Einreiseverbot für die Dauer von drei Jahren, erhalten. Aufgrund dessen hatte er Italien zwar zunächst verlassen, war jedoch später unter Verstoß gegen das Einreiseverbot erneut dorthin zurückgereist.
Die italienische Staatsanwaltschaft erhob gegen den Mann Anklage und beantragte, ihn zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten zu verurteilen. Die Grundlage hierfür ist eine italienischen Regelung, nach der ein Drittstaatsangehöriger, der unter Verstoß gegen ein Einreiseverbot illegal nach Italien einreist, mit Freiheitsstrafe von einem bis zu vier Jahren bestraft wird. Das italienische Gericht legte dem EuGH die Frage vor, ob die Rückführungsrichtlinie einer solchen Regelung entgegensteht.
Integraler Bestandteil der EU-Einwanderungspolitik
In seinem Urteil stellt der Gerichtshof zunächst klar, dass die Rückführungsrichtlinie einen Mitgliedstaat grundsätzlich nicht daran hindert, in einer nationalen Regelung die erneute, gegen ein Einreiseverbot verstoßende illegale Einreise eines Drittstaatsangehörigen als Straftat einzustufen und strafrechtliche Sanktionen einschließlich einer Freiheitsstrafe vorzusehen.
Diese nationale Regelung dürfe aber nicht dazu geeignet sein, die Verwirklichung der mit der Richtlinie verfolgten Ziele zu gefährden. Eines dieser Ziele sei jedoch auch die Einführung einer Rückkehrpolitik, worunter auch die Verhütung und verstärkte Bekämpfung illegaler Einwanderung fiele. Diese sei integraler Bestandteil der Entwicklung einer gemeinsamen Einwanderungspolitik durch die Europäische Union. Auch müssten die nationalen Grundrechte und sonstigen Rechtsvorschriften beachtet werden.
Der hatte der Gerichtshof außerdem bereits 2011 entschieden, dass die Rückführungsrichtlinie dann strafrechtlichen Sanktionen nicht entgegen stünde, wenn sich Drittstaatenangehörige ohne einen Rechtfertigungsgrund illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhalten (Urt. v. 28.04.2011, Az. C61/11). Dasselbe gelte dann erst Recht für Sanktionen in den Fällen, in denen jemand unter Verstoß gegen das ihnen auferlegte Einreiseverbot erneut einreist.
acr/LTO-Redaktion
EuGH zur EU-Rückführungsrichtlinie: . In: Legal Tribune Online, 01.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17063 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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