Der ehemalige EU-Gesundheitskommissar John Dalli ist am Dienstag vor dem EuG mit seiner Klage gegen die EU-Kommission gescheitert. Der Politiker begehrte die Feststellung, im Oktober 2012 von der EU-Kommission aus dem Amt gedrängt worden zu sein und dieses nicht freiwillig aufgegeben zu haben. Dabei wurde ihm eine eigene Interview-Aussage zum Verhängnis.
Nach Auffassung des Gerichts der Europäischen Union (EuG) hat John Dalli seinen Posten als EU-Gesundheitskommissar freiwillig aufgegeben. In seinem Urteil vom Dienstag hat es die Klage Dallis zurückgewiesen (Urt. v. 12.05.2015, Az. T-562/12). Dieser hatte behauptet, vom damaligen Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso und der EU-Kommission regelrecht aus dem Amt gedrängt worden zu sein. Dalli kann gegen die Entscheidung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Berufung gehen.
Zum Beleg von Dallis mündlicher Rücktrittserklärung führt das EuG unter anderem Äußerungen von Dalli selbst an. So sagte er noch am gleichen Abend in einem Interview mit einer Radiostation seines Heimatlandes Malta: "Ich bleibe nicht, wo ich nicht gewollt werde." Weiterhin habe er die Darstellung der Kommission, wonach er aus freien Stücken das Feld geräumt habe, in den Tagen danach nicht öffentlich infrage gestellt.
Nach den Feststellungen des EuG hat Barroso Dalli zwar dringlich den Rückzug nahegelegt und war auch entschlossen, diesen offiziell einzufordern, sofern Dalli nicht freiwillig zurückträte. Die Befugnis dazu verleiht ihm Art. 17 Abs. 6 des EU-Vertrags, wo es heißt: "Ein Mitglied der Kommission legt sein Amt nieder, wenn es vom Präsidenten dazu aufgefordert wird." Trotz dieser Zwangslage wendet das EuG eine streng formale Betrachtungsweise an und wertet Dallis Resignation als freiwillige Entscheidung, gegen die folgerichtig auch keine Rechtsmittel gegeben seien.
Hintergrund: Dallis angebliche Kontakte zur Tabakindustrie
Am 16. Oktober 2012 war Dalli dringlich dazu aufgefordert worden, seinen Posten niederzulegen. Den Grund dafür lieferte ein Bericht des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung, demzufolge Dalli der schwedischen Tabakgesellschaft Swedish Match indirekt einen Deal angeboten haben soll. Swedish Match vertreibt "Snus", einen nur in Schweden verfügbaren Lutschtabak, der in der übrigen Union verboten ist.
Silvio Zammit, Geschäftsmann sowie Vertrauter und Wahlhelfer von Dalli, soll als Mittelsmann an Swedish Match herangetreten sein und diesen gegen eine Geldzahlung Dallis Einflussnahme auf die zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgesegnete EU-Tabakrichtlinie in Aussicht gestellt haben. Dies hätte einen europaweiten Vertrieb des Lutschtabaks ermöglichen sollen.
Gegen die Vorwürfe musste sich Dalli nie vor Gericht verteidigen. Das Verfahren wurde wegen Mangels an Beweisen eingestellt. Gegen Zammit hingegen läuft aktuell noch ein Gerichtsverfahren.
ms/LTO-Redaktion
Mit Materialen von dpa.
EuG zu Rücktritt von ehemaligem EU-Kommissar: . In: Legal Tribune Online, 12.05.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15499 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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