Europäische Datenschutzreform: Wissenschaftler befürworten Verordnungsentwurf

14.02.2013

In der Wochenzeitung Die Zeit veröffentlichten am Donnerstag sechs Informatiker, Rechts- und Wirtschaftswissenschaftler eine Stellungnahme zu der geplanten EU-Datenschutzverordnung. Die Reform würde das Recht auf informationelle Selbstbestimmung stärken. Bloß einen Kritikpunkt haben die Experten: Zu viele Recht für die Kommission.

Neben vielem Positiven sehen die Autoren der Stellungnahme in dem Entwurf für eine EU-Datenschutzverordnung eine strukturelle Schwäche. Die Europäische Kommission formuliere in sehr vielen Vorschriften nur vage Zielsetzungen, die von ihr selbst in Durchführungsbestimmungen ausgeführt werden sollen. Dies verschaffe der Kommission eine zu große Machtstellung. Vielmehr müsse der europäische Gesetzgeber alle wesentlichen Regelungen in der Verordnung selbst treffen. Allenfalls nachgelagerte und politisch unkritische Detailentscheidungen dürften der Kommission übertragen werden.

Dagegen teilen die Wissenschaftler nicht die Befürchtung von Kritikern, die Vorschläge zur EU-Datenschutzverordnung seien zu streng und innovationsfeindlich. Im Gegenteil könne ein regulatorisches Umfeld, das Veränderung einfordert, Innovationsimpulse setzen. Schon jetzt würden in ganz Europa Startups gegründet, deren Ziel es sei, Bürgern mehr Datenschutz anzubieten. So würden Sicherheits- und Datenschutzexperten Firmen bei einer besseren Konstruktion und einem sichereren Management ihrer IT-Systeme beraten, heißt es in der Stellungnahme.

Bestehende Geschäftsmodelle würden nur dort eingeschränkt, wo die Wertschöpfung eines Unternehmens allein auf der Aggregation und dem Handel mit personenbezogenen Daten basiere. So könnten es große Werbenetze oder Datenhändler tatsächlich schwerer haben, personenbezogene Daten zu nutzen. In diesen wenigen Bereichen bedürfe es aber auch neuer Vorgaben, um derartige Geschäftsmodelle präziser als bisher zu regeln und gegebenenfalls zu sanktionieren.

Experten: Entwurf stärkt informationelle Selbstbetimmung

Der Entwurf stärkt nach Ansicht der Autoren im Ergebnis die informationelle Selbstbestimmung, insbesondere bleibe es dabei, dass eine explizite Einwilligung in eine Datenverarbeitung erforderlich sei. Bei einem erheblichen Ungleichgewicht zwischen den Vertragspartnern solle die Einwilligung im Übrigen nicht rechtfertigend wirken, eine Koppelung der Dienstnutzung an die Einwilligung in vertragsfremde Datenverarbeitungen solle sogar verboten werden.

Die Datenschutzreform präzisiere die Regelung, dass Unternehmen auch ohne Einwilligung ihrer Kunden personenbezogene Daten verarbeiten können, wenn sie daran ein "berechtigtes Interesse" haben. Unternehmen müssten danach in Zukunft ein solches berechtigtes Interesse nicht nur behaupten, sondern auch begründen. Außerdem stelle der Entwurf fest, wann Rechte von Bürgern wichtiger sind als die der Unternehmen, und präzisiere, dass Bürger ein berechtigtes Interesse daran haben, dass nicht unbemerkt Profile über sie erstellt werden und dass ihre Daten nicht mit unbekannten Dritten geteilt werden. Diesen Interessensausgleich halten die Unterzeichner für ein sehr faires Angebot.

Unterzeichnet haben die Stellungnahme neben den Rechtswissenschaftlern Gerrit Hornung und Alexander Roßnagel die Wirtschaftswissenschaftlerin Sarah Spiekermann und die Informatiker Oliver Günther, Michael Waidner und Kai Rannenberg.

cko/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Europäische Datenschutzreform: . In: Legal Tribune Online, 14.02.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8151 (abgerufen am: 19.11.2024 )

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