Ermittlungen gegen ZPS: Straf­an­zeige von links, Applaus von rechts

10.04.2019

Für seine Ermittlungen gegen das "Zentrum für politische Schönheit" kriegt der Staatsanwalt in Gera Applaus von der AfD, der er politisch nahe stehen soll. Ein Linke-Politiker hat Anzeige erstattet. Die CDU kritisiert, wie die Ermittlungen endeten. 

Staatsanwalt Martin Zschächner in Gera hat auch dann noch gegen den Chef des "Zentrums für politische Schönheit" wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung (§ 129 Strafgesetzbuch) ermittelt, als die Aktivisten Anfang Dezember 2017 längst klargestellt hatten, dass die angebliche Überwachung des Hauses von AfD-Rechtsaußen Björn Höcke ein Fake war. Damit begründet Niema Movassat, Mitglied des Bundestags für die Partei Die Linke, seine Strafanzeige wegen Rechtsbeugung sowie die Dienstaufsichtsbeschwerde, die er an die Generalstaatsanwaltschaft gerichtet hat.

"War die Einleitung des Verfahrens schon nicht nachvollziehbar, weil eine einzelne 'Überwachungsaktion' nicht ausreicht, um von einer Vereinigung auszugehen, die sich zum Zweck der Begehung von Straftaten gebildet hat, so ist es in keinster Weise nachvollziehbar, dass die Ermittlungen nicht schon spätestens im Dezember 2017 eingestellt worden sind", heißt es in der Strafanzeige, die LTO vorliegt. Staatsanwalt Zschächner, der bei der Staatsanwaltschaft Gera eine Sonderzuständigkeit für Staatsschutzdelikte nach §§ 129 ff. StGB hatte, habe "diese Befugnis offensichtlich dazu missbraucht, ein von Anfang an aussichtsloses Verfahren gegen die Künstlergruppe zu führen".

Dass es sich bei der Gruppe „Zentrum für Politische Schönheit“ um eine Vereinigung handelt, die sich zum Zweck der Begehung von Straftaten gebildet hat, sei "offensichtlich fernliegend", heißt es in dem Schreiben, es sei davon auszugehen, dass Zschächner sich von sachfremden Erwägungen habe leiten lassen. Jedem vernüfntig agierenden Staatsanwalt habe sich "aufdrängen" müssen, dass es sich beim ZPS nicht um eine kriminelle Vereinigung handele, sondern um eine Künstlergruppe, meint Movassat. 

Ermittlungen nach § 129 StGB geben den Ermittlern weitreichende Befugnisse, sie können Telekommunikation der Beschuldigten überwachen und Online-Durchsuchungen vornehmen - schließlich setzt der Tatbestand die Bildung einer Vereinigung voraus, die gemeinsam Straftaten begehen will, die mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind.

CDU kritisiert Einstellung des Verfahrens

Wie der Tagesspiegel berichtete, verteidigte der AfD-Landesvorsitzende Stefan Möller, selbst Anwalt, den Geraer Staatsanwalt und kritisierte die Einstellung der Ermittlungen gegen das ZPS: "So geht mediale Hetzjagd à la DDR - diesmal auf einen Staatsanwalt, der sich gegen den totalitär linken Zeitgeist stemmt und für das Recht fechtet". Zschächner verdiene Hochachtung, schrieb Möller auf Twitter. Auch Stephan Brandner, Vorsitzender des Rechtsausschusses im Bundestag, und selbst aus Gera, kommentierte die Einstellung der Ermittlungen gegen das ZPS mit den Worten, es handele sich um ",Erfolge' rotgrüner Hetzjagden und politischer Einmischungen in die Justiz: Erbärmlich!".

Der justizpolitische Sprecher der thüringischen CDU-Landtagsfraktion, Manfred Scherer, sagte gegenüber dem MDR mit Blick auf eine mögliche politische Einflussnahme durch den Justizminister: "Ich finde es schon erschreckend, wenn die linke Seite einmal hustet und der Herr Justizminister sofort über das Stöckchen springt."  Dies habe nichts damit zu tun, ob die Einstellung richtig oder falsch sei, sie möge sogar "durchaus richtig sein", so der ehemalige Justiz-Staatssekretär und Innenminister von Thüringen. "Aber wie es jetzt dazu gekommen ist, ist in meinen Augen ein starkes Stück."

Noch vor dem Wochenende hatte Dieter Lauinger (Grüne) die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens als "rechtsstaatlich konsequent und nicht politisch motiviert“ bezeichnet und betont, die Landesregierung habe Einzelfallweisungen an die Staatsanwaltschaft grundsätzlich eine Absage erteilt, was auch in diesem Fall gelte. Er sei sicher, "die Staatsanwaltschaft Gera wird das Verfahren mit einem rechtlich korrekten Ergebnis zum Abschluss bringen.“ Am Montag drauf wurde dann mitgeteilt, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Gründer des ZPS nach einer Besprechung zwischen dem Leiter der Staatsanwaltschaft in Gera, dem Generalstaatsanwalt und dem thüringischen Juistzminister Dieter Lauinger (Grüne) eingestellt werde.

pl/lto-Redaktion

Zitiervorschlag

Ermittlungen gegen ZPS: . In: Legal Tribune Online, 10.04.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/34851 (abgerufen am: 15.11.2024 )

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