Der Staatsschef Erdogan will ein Präsidialsystem in der Türkei einführen. Das Volk soll nun über die Reform abstimmen, die dem türkischen Präsidenten deutlich mehr, dem Parlament deutlich weniger Einfluss gibt.
Auf Betreiben von Staatschef Recep Tayyip Erdogan will die türkische Regierungspartei AKP ein Präsidialsystem in der Türkei einführen. Nach einem Beschluss des Parlaments über die geplante Verfassungsänderung soll das Volk in einem Referendum über die Reform abstimmen. Sollte der jetzige Entwurf in Kraft treten, wäre das Amt des Präidenten deutlich gestärkt und das Parlament geschwächt.
So soll das Amt des Ministerpräsidenten dabei entfallen. Der Präsident darf nach dem Entwurf künftig einer Partei angehören. Er wird nicht mehr vom Parlamentspräsidenten, sondern von einer von ihm zu bestimmenden Zahl an Vizepräsidenten vertreten. Außerdem ist er für die Ernennung und Absetzung seiner Stellvertreter und der Minister zuständig.
Zusätzlich kann der Präsident Dekrete mit Gesetzeskraft erlassen, die mit Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft treten. Eine nachträgliche Zustimmung durch das Parlament (wie im derzeit geltenden Ausnahmezustand) ist im Entwurf nicht vorgesehen. Die Dekrete werden unwirksam, falls das Parlament zum Thema des jeweiligen Erlasses ein Gesetz verabschiedet. Per Dekret kann der Präsident auch Ministerien errichten, abschaffen oder umorganisieren.
Oberbefehlshaber der Streitkräfte ... und Justiz?
Das Parlament und der Präsident sollen künftig am selben Tag für die Dauer von fünf Jahren vom Volk gewählt werden, und zwar erstmals am 3. November 2019. Die zeitgleiche Wahl erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der jeweilige Präsident über eine Mehrheit im Parlament verfügen wird. Die Amtsperioden des Präsidenten bleiben aber auf zwei beschränkt. Die Zahl der Abgeordneten steigt von 550 auf 600. Parlamentarische Anfragen gibt es nur noch zu (im Entwurf nicht näher definierten) bestimmten Themen und nur an die Vizepräsidenten und Minister.
Der Präsident bekommt auch mehr Einfluss auf die Justiz: Im Rat der Richter und Staatsanwälte kann er künftig fünf der zwölf Mitglieder bestimmen, das Parlament zwei weitere. Bislang bestimmen Richter und Staatsanwälte selber die Mehrheit der (derzeit noch 22) Mitglieder des Rates. Das Gremium ist unter anderem für die Ernennung und Beförderung von Richtern und Staatsanwälten zuständig.
Zusätzlich bleibt der Präsident Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Der Zusatz, dass er diese Aufgabe im Auftrag des Parlaments ausführt, soll entfallen.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Geplante Verfassungsreform: . In: Legal Tribune Online, 27.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21597 (abgerufen am: 13.11.2024 )
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