Zwei Behörden hatten den Abschuss zweier Wölfe in der Rhön genehmigt, zwei Verwaltungsgerichte stoppten die Genehmigungen nun vorläufig. Die Entscheidungen über eingegangene Eilanträge gegen die Genehmigungen müssten abgewartet werden.
Das Verwaltungsgericht (VG) Würzburg und einen Tag später auch das VG Kassel haben die Abschussgenehmigung für zwei Wölfe in der Rhön vorläufig gestoppt. Die Gerichte haben die aufschiebende Wirkung der Klagen von zwei Natur- und Umweltschutzverbänden gegen die Ausnahmegenehmigungen wiederhergestellt. Bis zu der Entscheidung über die Abschussgenehmigungen dürften von diesen daher kein Gebrauch gemacht werden.
Die Regierung von Unterfranken und das Regierungspräsidium (RP) Kassel hatten den Abschuss der zwei Wölfe in der Rhön, einem Mittelgebirge im Grenzgebiet von Bayern und Hessen, genehmigt. Die Ausnahmegenehmigung zum Töten der sonst unter Schutz stehenden Wölfe ist bis 9. November befristet und gilt lediglich im Naturschutzgebiet Lange Rhön und in angrenzenden Gebieten.
Das RP Kassel hatte auf "Nutztierschäden" durch die Wölfe verwiesen. Nach diesen und anderen Angriffen unter anderem auch im hessischen und bayerischen Spessart sei davon auszugehen, dass die Wölfe es gelernt hätten, wie sie den für Schäfer "zumutbaren Herdenschutz" überwinden könnten. Weitere Angriffe auf Schafe seien zu erwarten. "Eine Entnahme der beiden Wölfe ist daher naturschutzrechtlich vertretbar und zulässig", teilte die Behörde mit. Durch besondere Maßnahmen soll erreicht werden, dass nur die zwei Wölfe geschossen werden, die bereits Tiere gerissen haben.
Wölfe lernen Herdenschutz zu überwinden
Nun wurden die Abschussgenehmigungen aber vorläufig gestoppt. Dies sei erforderlich gewesen, "um die Schaffung vollendeter Tatsachen durch einen kurzfristigen Abschuss der Wölfe vor Erlass einer Entscheidung über die Eilanträge zu verhindern", erläuterte das VG Kassel am Freitag. Identisch lautete auch die Begründung des VG Würzburg. Eine Aussage über die Rechtmäßigkeit der erteilten Abschusserlaubnisse sei mit den Entscheidungen der Gerichte allerdings nicht verbunden. Geklagt der Freundeskreis freilebender Wölfe e.V. und die Naturschutz-Initiative e.V.
Der hessische Verband für Schafzucht und -haltung hatte die vor einer Woche erteilte Abschusserlaubnis durch die Kasseler Behörde begrüßt. Wölfe seien clever, und jüngere Tiere lernten von älteren. Andere Wölfe könnten von den beiden zum Abschuss freigegebenen Tieren folglich lernen, wie man den Herdenschutz von Schafen erfolgreich überwinde, warnte der Verband. Der hessische Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND Hessen) hatte die Abschussgenehmigung dagegen als falsches Signal kritisiert. Sie sei eine Ermunterung an die Weidetierhalter, auf die vom Land Hessen empfohlenen und geförderten Herdenschutzmaßnahmen zu verzichten.
In Bayern gilt bereits seit Anfang Mai eine Wolfsverordnung, die den Abschuss der Tiere erleichtert. Der Wolf ist nach europäischem und deutschem Recht aber nach wie vor streng geschützt. Abschussgenehmigungen, wie die aus Kassel und Würzburg, sind zwingende Voraussetzung für den Abschuss von Wölfen. Dies führt dazu, dass erst bei erfolgten Wolfsangriffen auf die Bedrohungslage reagiert werden kann. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte im Oktober daher einen schnelleren Abschuss von Wölfen vorgeschlagen, falls sie Weidetiere gerissen und Schutzvorkehrungen wie einen Zaun überwunden haben.
Mehrere Verbände und Landesregierungen hatten den Vorstoß aber als nicht weitgehend genug kritisiert. Diese Meinung teilt auch Prof. Dr. Michael Brenner, der den aktuellen Umgang mit dem steigenden Wolfsbestand in Deutschland für LTO erläutert hat und die Beschränkung auf "Problemwölfe" kritisiert.
dpa/lmb/LTO-Redaktion
Zur Verhinderung vollendeter Tatsachen: . In: Legal Tribune Online, 03.11.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53076 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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