EGMR verurteilt Russland: Inter­net­seiten der Oppo­si­tion zu sch­nell gesperrt

24.06.2020

Das russische Informationsgesetz dient als Grundlage zur Sperrung von Webseiten. Zensur ist das zwar nicht, so der EGMR – allerdings gebe es keine ausreichenden Schutzmechanismen gegen Missbrauch.

Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) verletzt Russland mit der Sperrung oppositioneller Internetseiten die Meinungsfreiheit. Die Regelungen des russischen Informationsgesetzes, das den Sperrungen zugrunde liegt, hätten übertriebene Auswirkungen, hieß es in der am Dienstag veröffentlichten Entscheidung des Gerichts. Außerdem gebe es keinen ausreichenden Schutzmechanismus, um den Missbrauch des Gesetzes zu verhindern, rügte der EGMR. Mit der Sperrung der Webseiten werde zudem das Recht auf Zugang zu Informationen beeinträchtigt.

Mehrere Betreiber von Seiten mit regierungskritischen Inhalten, darunter auch Ex-Schachweltmeister und Kreml-Kritiker Garry Kasparow, hatten insgesamt vier Beschwerden beim EGMR eingereicht. Sie erklärten, dass die Sperrungen unrechtmäßig und unverhältnismäßig erfolgt seien. Außerdem hätten russische Gerichte die Zugangssperrungen nicht ausreichend geprüft. Russland muss den Betreibern nun jeweils 10.000 Euro Entschädigung zahlen.

In Russland sind Hunderte Internetseiten von der Aufsichtsbehörde gesperrt. Betroffen sind etwa auch Portale des finanzkräftigen Kremlgegners Michail Chodorkowski. Laut Gesetz gibt es zwar keine Zensur. Allerdings können die Behörden oft einfach ohne nähere Begründung Inhalte blockieren. Internationale Organisationen wie Human Rights Watch, Amnesty International und Reporter ohne Grenzen beklagen seit langem massive und völlig willkürliche Eingriffe des Staates in das Recht auf Meinungsfreiheit.

dpa/acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EGMR verurteilt Russland: . In: Legal Tribune Online, 24.06.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41981 (abgerufen am: 04.11.2024 )

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