Der EGMR hat einem Antrag Nawalnys auf Haftentlassung stattgegeben. Nach eigenen Angaben werden einstweilige Maßnahmen nur selten erlassen. Russland teilte bereits mit, dass es der Entscheidung nicht nachkommen werde.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Russland aufgefordert, Oppositionsführer Alexej Nawalny unverzüglich aus der Haft zu entlassen. Wie das Gericht am Mittwoch mitteilte, gab es damit einem Antrag Nawalnys auf Erlass einstweiliger Maßnahmen statt. Diese Entscheidung ist laut Gericht verbindlich, solche stattgebenden Entscheidungen würden nur selten und bei unmittelbarer Gefahr eines irreparablen Schaden getroffen (Art. 39 der Verfahrensordnung des EGMR). Die Art und das Ausmaß der Gefahr für Nawalnys Leben seien in der Entscheidung berücksichtigt worden, hieß es.
Russland reagierte prompt: Justizminister Konstantin Tschujtschenko sprach von einer "beispiellosen Forderung". Das sei eine "klare und grobe Einmischung" in die Arbeit der Justiz eines souveränen Staates. Es gebe nach russischem Recht keine Grundlage, "diese Person" aus der Haft zu entlassen, sagte er der Agentur Interfax zufolge.
Der Vize-Vorsitzende des Duma-Rechtsausschusses, Michail Emeljanow, hält es für unwahrscheinlich, dass sein Land der Forderung nachkommen werde. Er verwies auf die neue Verfassung, die nationale Interessen Russlands über internationales Recht stellt.
Vorwurf: Verstoß gegen Bewährungsauflage während Deutschlandaufenthalt
Der Kremlkritiker war vor mehr als zwei Wochen zu einer Straflagerhaft verurteilt worden. Er soll gegen Bewährungsauflagen aus einem früheren Strafverfahren verstoßen haben, während er sich in Deutschland von einem Giftanschlag erholte. Das Urteil in diesem früheren Verfahren hatte der EGMR bereits 2017 als offenkundig unangemessen bezeichnet.
Nun teilte der Gerichtshof mit, dass Nawalny im Januar eine weitere Beschwerde gegen Russland eingereicht hatte. Zeitgleich habe er um seine Freilassung als einstweilige Maßnahme gebeten. Entsprechend hat der EGMR jetzt entschieden, die stattgebende Entscheidung ist unabhängig von der parallel eingereichten Beschwerde.
Nawalny bedankte sich unterdessen für den Beistand seiner Anhänger. "Ich möchte sagen, dass es mir gut geht, denn ich habe das Wichtigste, was ein Mensch in meiner Situation braucht: eure Unterstützung", hieß es auf dem Instagram-Account des 44-Jährigen. "Glaubt mir, ich spüre sie."
dpa/pdi/LTO-Redaktion
EGMR erlässt einstweilige Maßnahme: . In: Legal Tribune Online, 17.02.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44294 (abgerufen am: 01.11.2024 )
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