Gewerkschaften wollten sich gegen das neue Tarifeinheitsgesetz wehren und zogen bis vor den EGMR. Doch die Klage hatte in Straßburg nun keinen Erfolg.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg hat die Klage von mehreren Gewerkschaften gegen das deutsche Tarifeinheitsgesetz am Dienstag abgewiesen. Das Gesetz sieht vor, dass in einem Unternehmen mit zwei Gewerkschaften nur der Tarifvertrag der mitgliederstärkeren Arbeitnehmervertretung angewendet wird. "Ein Betrieb - ein Tarifvertrag" wird dieser Grundsatz genannt. Kleinere Gewerkschaften wie die Ärztevertretung Marburger Bund und die Lokführergewerkschaft GdL fürchteten eine Schwächung ihrer Position und beklagten einen Verstoß gegen das Recht, sich in Gewerkschaften zusammenzuschließen. 2017 verhandelte bereits das Bundesverfassungsgericht zum Tarifeinheitsgesetz und entschied, dass es mit dem Grundgesetz vereinbar sei.
Ihre Beschwerden hat jedoch nach dem Bundesverfassungsgericht nun auch der EGMR zurückgewiesen. Ein Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention sei nicht ersichtlich, da den kleineren Gewerkschaften noch andere Rechte blieben, wie zum Beispiel Tarifverhandlungen oder Streiks, so die Auffassung der EGMR-Richterinnen und -Richter.
GDL-Chef Claus Weselsky reagierte auf das Urteil mit einer Kampfansage. Man werde bei der Deutschen Bahn verstärkt um Mitglieder werben. "Wenn nur der Tarifvertrag der stärksten Gewerkschaft gilt, dann müssen wir eben die stärkste Fraktion im Betrieb sein." Am Ende werde sich zeigen, welche Gewerkschaft dauerhaft in den Eisenbahnverkehrsbetrieben existiere.
Auch der Marburger Bund kritisierte das Urteil: "Die Annahme des EGMR, durch das Tarifeinheitsgesetz könne 'Frieden und Solidarität in einem Betrieb' sichergestellt werden, hält der Realität nicht stand." Das Gegenteil sei der Fall, teilte die Vereinigung am Dienstag mit.
dpa/LTO-Redaktion
Tarifeinheit: . In: Legal Tribune Online, 06.07.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48955 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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