Fall aus Dänemark: EGMR bestä­tigt Ver­ur­tei­lung wegen Bei­hilfe zum Suizid

12.04.2022

Ein dänischer Arzt hat zwei Personen Medikamente zum Suizid verschrieben und einer Person geraten, sich eine Plastiktüte über den Kopf zu ziehen. In Dänemark ist das strafbar. Der Arzt scheiterte nun vor dem EGMR.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bestätigte die Verurteilung eines dänischen Arztes wegen Beihilfe zum Suizid. Er sah keinen Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und auch kein unangemessenes Strafmaß seitens der dänischen Gerichte (Urt. v. 18.03.2022, Rs. 15136/20).

Die Straßburger Richter:innen haben sich mit einem Fall aus Dänemark beschäftigt. Der Antragsteller Sven Lings ist der Gründer einer Organisation für assistierten Suizid. Im Rahmen dessen erstellte er einen Leitfaden zur Ausübung von Suizid inklusive detaillierter Beschreibungen der verschiedenen Medikamente und deren erforderlicher Dosis. Diesen Leitfaden veröffentlichte er im Internet – was nach dänischem Recht legal war.

Im Jahr 2017 hat Lings jedoch in einem Radio-Interview erwähnt, dass er jemandem bei der Ausübung eines Selbstmords geholfen habe. In der Folge wurde er aus dem dänischen Register von Ärzten gestrichen und angeklagt, in zwei Fällen Beihilfe zur Selbsttötung geleistet und in einem weiteren versuchte Beihilfe zur Selbsttötung geleistet zu haben. In Deutschland ist die Beihilfe zur Selbsttötung straflos, in Dänemark seit dem Jahr 1930 nicht.

In der zweiten Instanz wurde er auch wegen allen drei Anklagepunkten verurteilt, was der Oberste Gerichtshof in Dänemark auch bestätigte. Er habe zwei Personen entsprechende Medikamente verschrieben und einer Person geraten, eine Plastiktüte über den Kopf zu ziehen sowie eine Überdosis von Medikamenten einzunehmen. Zwei starben und einer erholte sich wieder vollständig. Lings ist letztendlich zu 60 Tagen Gefängnis verurteilt worden. Wegen seines Alters (Geburtsjahr 1941) ist diese Strafe jedoch ausgesetzt worden.

Vor dem EGMR machte er geltend, dass die Gerichtsentscheidung sein Recht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 10 der Menschenrechtskonvention (EMRK) verletze. Das sah der EGMR jedoch anders. Die Parteien hätten ja gar nicht darüber gestritten, ob die Verurteilung gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung verstößt. Schließlich hätten die dänischen Gerichte auch nicht die Veröffentlichung des Leitfadens verurteilt, der legal war, sondern die spezifischen Rat von Lings an die suizidwilligen Personen. Dabei sei weder die Verurteilung noch das Strafmaß unverhältnismäßig, so der EGMR.

pdi/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Fall aus Dänemark: . In: Legal Tribune Online, 12.04.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48131 (abgerufen am: 04.11.2024 )

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