In dem Rechtsstreit zwischen Leo Kirch und der Deutschen Bank war der Medienmanager Dieter Hahn eine treibende Kraft. Gegen seinen Willen musste er die Summe, die ihm die Kirch-Erben zahlten, erstmals nennen.
Der Schadenersatzstreit zwischen dem verstorbenen Medienunternehmer Leo Kirch und der Deutschen Bank hat sich auch für den Manager Dieter Hahn ausgezahlt. Der ehemalige Kirch-Geschäftsführer erhielt von den Erben des Medienunternehmers 200 Millionen Euro vor Steuern. Diese Zahl nannte Hahn am Dienstag vor dem Landgericht (LG) München, wo er als Zeuge im Prozess gegen den Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, und ehemalige Top-Banker der Bank aussagte. Hahn musste die Summe, die bislang ein gut gehütetes Geheimnis war, nach einem Beschluss des Gerichts gegen seinen Willen öffentlich nennen. "Das war ein Vorgang, der meine Vermögensverhältnisse sehr nachhaltig beeinflusst hat."
Die Verteidiger der angeklagten Top-Banker hatten nach der Höhe gefragt, weil aus ihrer Sicht für die Beurteilung des Zeugen entscheidend ist, wieviel Geld er selbst an dem Streit mit der Deutschen Bank verdient hat. Insgesamt hatte die Deutsche Bank nach einem jahrelangen Rechtsstreit 925 Millionen Euro an die Kirch-Erben gezahlt.
Strafprozess folgte auf Zivilrechtsstreit
Der Zivilstreit zwischen der Deutschen Bank und Kirch war mit der Rekordzahlung beendet - die strafrechtliche Aufarbeitung aber nicht: Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hatten Rolf Breuer, seine Nachfolger Josef Ackermann und Jürgen Fitschen sowie zwei weitere Banker im Schadenersatzprozess vor dem Oberlandesgericht (OLG) München 2011 nicht die Wahrheit gesagt. Deshalb stehen sie seit drei Monaten wegen versuchten Prozessbetrugs vor Gericht. Die Angeklagten weisen diesen Vorwurf zurück.
Firmengründer Leo Kirch hatte zeitlebens ein Fernseh-Interview des damaligen Bankchefs Breuer für die Pleite seiner Mediengruppe verantwortlich gemacht. Breuer hatte darin im Februar 2002 öffentlich die Kreditwürdigkeit der Mediengruppe angezweifelt. Zwei Monate später war der Konzern pleite und Kirchs Kampf um Schadenersatz begann. Nach Kirchs Tod 2011 setzte Hahn die Auseinandersetzung fort.
Genau wie Leo Kirch sah auch er das Breuer-Interview als entscheidend für das Schicksal der Kirch-Gruppe an. "Das ist aus meiner Sicht die Wasserscheide gewesen", sagte der Medienmanager als Zeuge. Nach dem Interview hätten die Banken nicht mehr mit Kirch gesprochen, sondern nur noch über ihn.
"Auch, die Wahrheit zu sagen, kann ein Lapsus sein"
Breuer verteidigte seine Äußerungen. Er habe damals nur die Wahrheit über die Lage des Medienkonzerns gesagt, sagte der ehemalige Vorstandschef, der sich erstmals in dem Prozess zu Wort meldete. "Dazu stehe ich auch heute noch." Es sei nie seine Absicht gewesen, Kirch durch seine Aussage in die Enge zu treiben. "Ich wäre nicht auf den Gedanken gekommen, durch ein Interview einen Kunden der Bank zu schädigen." Beim Vorsitzenden Richter Peter Noll blieben Zweifel: "Ist Ihnen nicht klar, dass auch die Wahrheit - an falscher Stelle geäußert - ein Lapsus sein kann?" Breuer: "Nein, denn es war ja allgemein bekannt. Und mehr habe ich nicht gesagt."
Kirch ging hingegen davon aus, dass Breuer ihn mit den Äußerungen absichtlich in Bedrängnis bringen wollte, um danach an der Zerschlagung des Medienkonzerns Geld zu verdienen. Breuer habe ihm damals einen Beratungsauftrag zur Restrukturierung der Gruppe angeboten, gab Leo Kirch zu Lebzeiten in einer Erklärung zu Protokoll, die Richter Noll im Gerichtssaal vorlas. "Ich habe dieses Angebot unmissverständlich abgelehnt", erklärte Kirch darin - er habe jegliches Vertrauen in die Deutsche Bank verloren.
cvl/dpa/LTO-Redaktion
Nach Schadensersatz durch Deutsche Bank: . In: Legal Tribune Online, 28.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16413 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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