Bundesratsausschüsse zum Cannabisgesetz: Anru­fung des Ver­mitt­lungs­aus­schusses wird wahr­schein­li­cher

von Hasso Suliak

06.03.2024

Die Justiz- und Gesundheitsressorts der Länder empfehlen, beim Cannabisgesetz den Vermittlungsausschuss anzurufen. Eine breite Mehrheit setzt dabei auf Verschiebung des Inkrafttretens und Entlastung der Strafjustiz.

Sowohl der Rechts- als auch der Gesundheitsausschuss des Bundesrates haben am Mittwoch diverse Empfehlungen abgegeben, in welchem Umfang sich ein möglicher Vermittlungsausschuss mit dem Cannabisgesetz (CanG) befassen soll. Ob dieser im Rahmen der nächsten regulären Bundesratssitzung am 22. März angerufen wird, ist zwar noch offen. Die Empfehlungen der Ausschüsse, über die die Länderkammer letztlich abstimmen wird, könnten jedoch zumindest ein Indiz dafür sein, in welche Richtung der Bundesrat votieren wird.

Wie LTO berichtet hatte, lag den Ausschüssen eine Palette von Anträgen vor, die teilweise darauf abzielten, im Rahmen eines Vermittlungsverfahrens das umstrittene CanG der Ampel zu ändern oder es sogar komplett aufzuheben. Um es vorwegzunehmen: Der radikalste Antrag, gerichtet auf eine vollständige Aufhebung des Gesetzesbeschlusses des Deutschen Bundestages, verfehlte in beiden Ausschüssen die Mehrheit. Er war in den Gesundheitsausschuss von Bayern und in den Rechtsausschuss von den unionsgeführten Ressorts in Bayern, Baden-Württemberg und Brandenburg eingebracht worden.

Anträge aus SPD-Ressort in Sachsen angenommen

Angenommen hat dagegen der Gesundheitsausschuss Anträge aus dem sozialdemokratisch geführten Gesundheitsressort Sachsens. Auf Initiative von Staatsministerin Petra Köpping (SPD) zielen die Anträge darauf ab, das CanG und die darin enthaltene Entkriminalisierung von Konsumenten zum einen "vor dem Hintergrund der vielfältigen Auswirkungen des Gesetzes auf die Länder und Kommunen" später in Kraft treten zu lassen. Zum anderen sollen die im Gesetz erlaubten Besitzmengen sowie die Abstände zu Kinder- und Jugendeinrichtungen, innerhalb derer Cannabis nicht konsumiert werden darf, in einem Vermittlungsausschuss verschärft werden.

Mehrheitlich angenommen hat der Gesundheitsausschuss außerdem zwei Anträge, die von Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) zur Abstimmung gestellt wurden. Danach soll das CanG insgesamt erst zum 1. Oktober 2024 in Kraft treten. Zudem werde das Gesetz der Ampel "dem erhöhten Bedarf in der Präventionsarbeit nicht gerecht" und müsse daher überarbeitet werden. Es hieß aus Ampelkreisen, dass alle Anträge im Gesundheitsausschuss ausschließlich aufgrund der Stimmen von Union und SPD eine Mehrheit gefunden hätten.

Mehrheit gegen Amnestie und Tilgung von Strafen

Unterdessen erzielten im Rechtsausschuss des Bundesrates drei Anträge eine Mehrheit, die letztlich auf eine Entlastung der Strafjustiz abzielen. Eine breite Mehrheit im Rechtsausschuss fand ein Antrag des CDU-geführten Justizressorts in Baden-Württemberg. Dieser sieht vor, einen im CanG vorgesehenen rückwirkenden Straferlass komplett zu streichen. Den Strafverfolgern graut es vor der Amnestieregelung, weil sie deswegen Tausende Akten händisch überprüfen müssten.

Für den Fall, dass diese weitgehende Empfehlung keine Mehrheit findet, votierten die Justizressorts einstimmig und gewissermaßen hilfsweise für einen Antrag aus NRW und Niedersachsen. Dieser sieht vor, dass die Anwendung der umstrittenen Straferlassvorschrift des § 313 EGStGB erst sechs Monate nach Verkündung des CanG in Kraft treten soll.

Ein anderer Antrag aus Baden-Württemberg bekam ebenfalls eine Mehrheit. Er zielt darauf, die Länder nicht mit dem Aufwand einer Tilgung von Cannabis-Strafen aus dem Bundeszentralregister (BZR) zu behelligen. Nach dem CanG könnten Betroffene nach Inkrafttreten des Gesetzes sich mit einem Antrag auf Tilgung an die zuständige Staatsanwaltschaft wenden, wenn im BZR eine Strafe vermerkt ist, die nach dem neuen Recht nicht mehr strafbar wäre. Im Ampelgesetz ist von "bis zu 328.000 Personen" die Rede, für die einschlägige Verurteilungen im Bundeszentralregister eingetragen sind.

Kommt es im Bundesrat zu Enthaltungen?

Am Donnerstag wird auch der Innenausschuss des Bundesrates seine Wünsche zum Umfang eines Vermittlungsverfahrens beschließen. Alle Ausschussempfehlungen sollen in den kommenden Tagen auf der Website der Länderkammer abrufbar sein.

Ob und welche der Empfehlungen am 22. März im Bundesrat letztlich eine Mehrheit finden werden, bleibt abzuwarten. Theoretisch ist nicht ausgeschlossen, dass am Ende keiner der Anträge die nötigen 35 Stimmen zur Anrufung des Vermittlungsausschusses bekommt; zum Beispiel, weil sich Länder, an denen Ampelparteien beteiligt sind, bei der Abstimmung im Bundesrat enthalten.

Indes: Die Anrufung des Vermittlungsauschusses – und damit eine Verschiebung der Entkriminalisierung von Cannabis-Konsumenten – ist seit diesem Mittwoch deutlich wahrscheinlicher geworden.

Zitiervorschlag

Bundesratsausschüsse zum Cannabisgesetz: . In: Legal Tribune Online, 06.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54047 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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