Der finanziell angeschlagene Landkreis Kassel wollte seine Kreisumlage nicht erhöhen, um die Gemeinden zu schonen. Doch das Land Hessen durfte den Kreis dazu verpflichten, entschied das BVerwG.
Kommt ein Kreis seiner Verpflichtung, einen ausgeglichenen Haushalt zu erstellen, beharrlich nicht nach, dann darf die Kommunalaufsicht ihn zu Maßnahmen anweisen. Zu diesen Maßnahmen könne auch eine Erhöhung der Kreisumlage gehören, entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) am Donnerstag (Urt. v. 16.06.2015, Az. 10 C 13.14).
Bei der Kreisumlage handelt es sich um Geld, das die Kommunen an den Kreis zahlen müssen, damit dieser seine Ausgaben decken kann. Eine Erhöhung der Umlage hat Einfluss auf die Finanzen der Städte und Gemeinden.
Der Landkreis hatte trotz Aufforderung durch die Kommunalaufsicht des Landes weder eine Anhebung des Kreisumlagesatzes für das Haushaltsjahr 2010 noch Einsparmaßnahmen in entsprechender Höhe beschlossen. Die Kommunalaufsicht wies ihn daraufhin an, den Hebesatz für die Kreisumlage um 3 % auf den Maximalwert von 35,5 Prozent zu erhöhen. Dadurch sollte der Kreis sein Haushaltsdefizit decken, das 2010 mit 34 Millionen Euro das höchste aller hessischen Landkreise gewesen sei.
Der Landkreises Kassel hatte sich gegen die vorgegebene Erhöhung der Kreisumlage gewehrt. Er sah sich durch die Vorgabe in seiner kommunalen Selbstverwaltung verletzt. Er hatte argumentiert, das Land müsse seine mangelnde Finanzausstattung. Die meisten Ausgaben im Haushalt seien sogenannte Pflichtaufgaben - etwa für die Sozial- und Jugendhilfe. "Man kann nichts mehr gestalten, wir nehmen nur noch Fremdaufgaben wahr", sagte Jürgen Sommer, Fachbereichsleiter des Ordnungsdezernates. "Wir halten es nicht für richtig, dass wir die Defizite auf dem Rücken der kreisangehörigen Kommunen austragen."
Kreis ist verpflichtet, seinen Haushalt auszugleichen
Diese übermäßige Belastung der Kommunen konnten die Leipziger Richter wie in der Vorinstanz schon der Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) jedoch nicht erkennen. Der Kreis sei im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung verpflichtet gewesen, seinen Haushalt auszugleichen. Er könne sich dieser Pflicht auch nicht mit dem Argument entziehen, er werde vom Land finanziell unzureichend ausgestattet, heißt es in der Urteilsbegründung des BVerwG.
Die Kommunalaufsicht habe mit einer Anweisung zur Erhöhung des Kreisumlagesatzes auf eine Verringerung des Haushaltsdefizits des Kreises hinwirken dürfen. Dabei seien nach den tatsächlichen Feststellungen des VGH die Belange der kreisangehörigen Gemeinden, denen einen finanzielle Mindestausstattung zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben verbleiben muss, gewahrt worden.
"Es ist für alle Beteiligten gut, dass diese Frage letztinstanzlich geklärt wurde", sagte Kassels Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU) am Mittwoch. "Hessen begrüßt das Leipziger Urteil", hieß es in einer Reaktion von Innen- und Finanzministerium in Wiesbaden zustimmend. Es bestätige die Sicht des Landes, dass die Defizite der Kommunen notfalls auch mit strikten Auflagen der Aufsichtsbehörde verringert werden dürfen. Die günstige aktuelle Entwicklung der Kommunalfinanzen in Hessen lasse aber erwarten, dass die Aufsicht wie schon in der Vergangenheit nur in Einzelfällen eingreifen müsse.
Der Kasseler Landrat Uwe Schmidt (SPD) kündigte an, als Konsequenz aus dem Urteil "werden wir es dem Land Hessen nicht mehr durchgehen lassen, sich auf unsere Kosten zu konsolidieren". Der Kreis werde die seit 2009 aufgelaufenen, vom Land nicht übernommenen Kosten für die Asylbewerberbetreuung in Höhe von rund 14 Millionen Euro dem hessischen Sozialministerium in Rechnung stellen.
dpa/age/LTO-Redaktion
BVerwG zur Kommunalaufsicht: . In: Legal Tribune Online, 18.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15923 (abgerufen am: 18.11.2024 )
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