Schwerkranke Patienten können vom Staat keine Medikamente für ihren Suizid verlangen, entschied das OVG NRW. Ob das mit dem Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben vereinbar ist, wird nun ein Fall für das BVerwG.
Nach der im Februar abgewiesenen Klage schwerkranker Patienten auf ein todbringendes Medikament gehen zwei der Verfahren am Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Revision. Nach Angaben des Gerichts sind die Anträge am 30. März in Leipzig eingegangen.
Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht (OVG) hatte entschieden, dass es nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) kein Anrecht auf ein todbringendes Medikament gibt. Geklagt hatten ein krebskranker 77-Jähriger aus dem Landkreis Lüneburg in Niedersachsen und ein 51-jähriger Patient mit Multipler Sklerose aus Rheinland-Pfalz. Nach der Verhandlung in Münster hatte sich herausgestellt, dass die dritte Klägerin aus dem Landkreis Schwäbisch-Hall in Baden-Württemberg bereits seit April 2021 tot ist.
Der Senat hatte im Februar bedauert, dass der Bundestag bislang noch kein Gesetz vorgelegt hat, um das Problem grundsätzlich zu regeln. Aber das Grundrecht auf ein selbstbestimmtes Sterben beinhalte keinen Leistungsanspruch gegenüber dem Staat. Deswegen könne das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn nicht verpflichtet werden, Suizid-Medikamente herauszugeben.
Selbstbestimmtes Sterben wird im Bundestag diskutiert
Dass unheilbar Kranke Anspruch auf Zugang zu todbringenden Medikamenten durch das BfArM haben können, hat das BVerwG bereits 2017 entschieden. Allerdings hat es diesen Anspruch nur für Extremfälle in Aussicht gestellt und unter besonders strengen Voraussetzungen zugesprochen. Im Februar 2020 hat dann auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) das Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe gekippt. Neue Regelungen gibt es bisher noch nicht.
Zuletzt hatte im März eine Abgeordnetengruppe von FDP, SPD und Linken im Bundestag eine neue Initiative vorgestellt. Demnach soll das Recht auf selbstbestimmtes Sterben abgesichert und die Hilfe zur Selbsttötung straffrei möglich sein. Laut dem Vorschlag sollen Ärzte entsprechende Arzneimittel verschreiben dürfen. Voraussetzung sind Beratungsgespräche.
Nach dem Vorschlag einer anderen fraktionsübergreifenden Abgeordnetengruppe soll die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe gestellt werden - aber mit einer Ausnahme für Volljährige. Hier sollen Untersuchungen durch Fachärzte und mit zeitlichem Abstand eine ergebnisoffene Beratung vorgegeben werden.
dpa/mgö/LTO-Redaktion
Nach OVG-Urteil zu Suizid-Medikamenten: . In: Legal Tribune Online, 05.04.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48047 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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