Ein überwiegend von der öffentlichen Hand getragener Arbeitgeberverband kann kein Träger von Grundrechten sein. Auch ausnahmsweise nicht, wie das BVerwG nun entschied.
Ein mehrheitlich von der öffentlichen Hand getragener Arbeitgeberverband kann sich nicht auf das Grundrecht der Koalitionsfreiheit berufen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig am Donnerstag entschieden (Urt. v.12.12.2019, Az. 8 C 8.19).
Der in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins organisierte Arbeitgeberverband vertritt circa 100 Mitgliedsunternehmen aus dem Bereich des öffentlichen Personenverkehrs. Für seine Mitglieder schloss er zahlreiche Tarifverträge mit den Gewerkschaften ab. In Nordrhein-Westfalen entscheidet das Arbeitsministerium im Wege einer Rechtsverordnung darüber, welche Tarifverträge für repräsentativ gemäß dem Vergaberecht des Landes zu erklären sind.
Die Erklärung hat erhebliche Konsequenzen für die Unternehmen: Nach dem nordrhein-westfälischen Tariftreue- und Vergabegesetz dürfen öffentliche Auftraggeber im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs ihre öffentlichen Aufträge nur an Unternehmen mit repräsentativen Tarifverträgen vergeben. Das Arbeitsministerium weigerte sich nun, die vom Verband abgeschlossenen Tarifverträge für repräsentativ zu erklären. Die Klage des Verbandes auf Feststellung, dass diese Verordnung das Grundrecht Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz (GG) verletzt, haben die beiden Vorinstanzen als unzulässig abgewiesen.
Verband ist staatlich beherscht
Auch die Revision blieb ohne Erfolg. Der Verband sei nicht klagebefugt, entschieden die Leipziger Richter. Als juristische Person des Privatrechts, deren Mitglieder mehrheitlich Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts sind, sei der Verband staatlich beherrscht und könne deshalb nicht Träger von Grundrechten sein. Der Staat habe die Grundrechte der Bürger zu gewährleisten und könne sich nicht selbst auf sie berufen. Laut Mitteilung des BVerwG gelte dies unabhängig von der Wahl öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Organisationsformen für alle staatlich beherrschten Zusammenschlüsse.
Auch eine Ausnahme, wie sie höchstrichterlich bei Religionsgemeinschaften, Hochschulen und Rundfunkanstalten anerkannt ist, komme nicht in Betracht. Der Arbeitgeberverband diene laut Gericht weder der Verwirklichung von Grundrechten privater Individuen, noch geriete er ohne Grundrechtsschutz in eine Rechtsschutzlücke. "Für die Koalitionsfreiheit gelten keine Besonderheiten, die den Grundrechtsschutz auf öffentlich beherrschte Arbeitgebervereinigungen erweiterten", so das Gericht.
acr/LTO-Redaktion
BVerwG zum Grundrechtsschutz für einen Arbeitgeberverband: . In: Legal Tribune Online, 12.12.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39219 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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