BVerwG: Abschie­bung eines mut­maß­li­chen Gefähr­ders gestoppt

14.01.2020

Das BVerwG hat die Abschiebung eines als IS-Sympathisanten eingeordneten Mannes endgültig gestoppt. Er könne nicht "mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit" als Gefährder eingestuft werden.

Der in Göttingen lebende türkische Staatsangehörige war vom Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport als Gefährder im Sinne des § 58a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) eingestuft worden. Tatsächliche Anhaltspunkte rechtfertigten die Prognose, dass von ihm eine besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und eine terroristische Gefahr ausgingen. Er habe nicht lediglich eine radikal-religiöse Einstellung, sondern sympathisiere mit der Märtyrerideologie des "Islamischen Staates" (IS). Daher verfügte das Ministerium im April 2019 eine Abschiebung des 29-Jährigen in die Türkei. 

Mit Beschluss vom 25. Juni 2019 (Az. 1 VR 1.19) ordnete das erstinstanzlich zuständige Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) die aufschiebende Wirkung der hiergegen von dem jungen Mann erhobenen Klage an. Es zweifelte an der der Gefahrenprognose des Ministeriums, welches davon ausging, dass sich der Mann zum radikal-extremistischen Islamismus hingewandt hat.

Nun hat das BVerwG auch in der Hauptsache entschieden (Urt. v. 14.1.2020, Az.: 1 A 3.19). Der Mann war zwischenzeitlich entlassen worden, die Behörde hatte inzwischen neue Erkenntnisse vorgelegt. Der Senat hielt die Verfügung aber weiterhin für rechtswidrig. Das Gericht hob die Abschiebungsanordnung daher auf.

Eine Gefahr im Sinne des § 58a AufenthG, so die Leipziger Richter, könne zwar auch dann vorliegen, wenn der Ausländer nicht selbst - gar vollständig oder nachhaltig - ideologisch radikalisiert ist, er sich jedoch von Dritten in Kenntnis von deren ideologische Zwecke für entsprechende Gewalthandlungen "einspannen" lässt. Doch auch nach diesem konkretisierten Maßstab könne kein anderes Ergebnis gefunden werden: Das Gericht würdigte in einer Gesamtschau das Verhalten des Klägers, seine Persönlichkeit, seine nach außen erkennbaren oder geäußerten inneren Einstellung und seine Verbindungen zu anderen Personen und Gruppierungen. Danach kam es nicht zu dem Ergebnis, dass von dem Kläger "mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit" eine besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eine terroristische Gefahr ausgehe.

dpa/ast/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BVerwG: . In: Legal Tribune Online, 14.01.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39681 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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