Nach dem BVerfG-Urteil darf das Betreuungsgeld nicht durch den Bund, sondern nur durch die Länder geregelt werden. Darauf werden viele verzichten - andere fordern die nötigen Mittel vom Bund. Bereits Bezugsberechtigte können indes hoffen.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat das Betreuungsgeld aus formalen Gründen gekippt. Hamburg hatte gegen das von Kritikern auch als "Herdprämie" bezeichnete Betreuungsgeld geklagt und Recht bekommen. Nicht der Bund, sondern die Ländern sind nach Ansicht der Karlsruher Richter für eine solche Leistung zuständig. Nach dem Urteil fallen deren Reaktionen unterschiedlich aus.
Der Hamburger Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) forderte den Bund dazu auf, "das nun freiwerdende Geld für die Verbesserung der Qualität in den Kitas zur Verfügung zu stellen". Ähnliche Forderungen kamen aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Berlin, Thüringen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern. Dort will man das Betreuungsgeld wohl nicht fortführen. "Die Anti-Bildungsprämie Betreuungsgeld ist vom Tisch", sagte NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) am Dienstag.
Bayern will Betreuungsgeld weiterzahlen - auf Kosten des Bundes
Bayern will die Leistung hingegen in Eigenregie weiterzahlen, fordert das benötigte Geld aber vom Bund. Das Betreuungsgeld werde es für bayerische Familien in jedem Fall auch in Zukunft geben, kündigte Ministerpräsident und CSU-Parteichef Horst Seehofer an. Die CSU hatte die Leistung nach langem Streit im Bund durchgesetzt.
Sachsen und das Saarland würden das Geld ebenfalls gerne für sich beanspruchen. Dies sei wichtig, "damit dort passgenaue Hilfen für Familien geleistet werden können", sagte die dortige Familienministerin Monika Bachmann (CDU). Details, was mit dem Budget passieren soll, waren zunächst aber nicht bekannt. Sachsen zahlt zum Beispiel bereits aus eigener Kasse ein Landeserziehungsgeld.
Hessen würde das Geld gerne eins zu eins an die Familien weitergeben, wie ein Sprecher des Sozialministeriums in Wiesbaden sagte. Das Betreuungsgeld sei eine Leistung, die Familien zu Gute komme und die Wahlfreiheit unterstütze. Auch Erziehung zu Hause habe ihren Wert.
Bisherige Leistungsempfänger können hoffen
Bezieher von Betreuungsgeld können trotz der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf eine Weiterzahlung der Unterstützung hoffen. "Das wäre fair den Eltern gegenüber, und ich hoffe, dass das auch so kommt", sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) in Mainz. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) will mit den Regierungsfraktionen am 13. August über den Vertrauensschutz beraten.
Schwieriger ist die Frage, was jetzt mit den bereits eingereichten, aber noch nicht abschließend entschiedenen Anträgen auf Betreuungsgeld geschieht. Das Familienministerium in Mainz empfahl den Betreuungsgeldstellen, diese Anträge nicht weiter zu bearbeiten, bis der Bund eine Entscheidung zu dieser Frage getroffen habe. Denkbar wäre eine Stichtagsregelung. Neue Anträge auf Betreuungsgeld können nicht mehr eingereicht werden. Mit der Karlsruher Entscheidung vom Dienstag fehlt jetzt die gesetzliche Grundlage dafür.
Eingeschnappte Politiker
Auf Twitter waren in den Stunden nach der Urteilsverkündung zum Teil sachliche Stellungnahmen von Politikern zu lesen - so etwa dem CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer, der zutreffend konstatierte: "Das BVerfG hat zum #Betreuungsgeld nur eine rein formale, rechtstechnische Entscheidung getroffen und die Zuständigkeit umorganisiert".
Daneben gab es jedoch auch jene, die offenbar die gesellschaftspolitischen nicht von den juristischen Argumenten zu trennen vermochten. Mit einem eher peinlichen Debattenbeitrag meldete sich etwa die CDU-Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär zu Wort, die auf Twitter äußerte "Und die Diffamierung der Familien geht weiter. Danke @BVerfG - good job!".
dpa/mbr/cvl/LTO-Redaktion
Nach BVerfG-Urteil zum Betreuungsgeld: . In: Legal Tribune Online, 21.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16311 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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