BVerfG: Transsexuellengesetz ist verfassungswidrig

28.01.2011

Das BVerfG hat am Freitag einen Beschluss veröffentlicht, wonach Transsexuelle künftig auch dann eine Lebenspartnerschaft eingehen können sollen, wenn sie sich keiner Geschlechtsumwandlung unterzogen haben. Bislang stand solchen Paaren nur die Ehe offen, da die Partner biologisch noch verschiedene Geschlechter haben.

Nach Auffassung der Richter verstößt es gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht, dass Transsexuelle mit gleichgeschlechtlicher Orientierung zur rechtlichen Absicherung ihrer Partnerschaft entweder die Ehe eingehen oder sich geschlechtsändernden und die Zeugungsunfähigkeit herbeiführenden operativen Eingriffen aussetzen müssen, um personenstandsrechtlich im empfundenen Geschlecht anerkannt zu werden und damit eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründen zu können, die ihrer als gleichgeschlechtlich empfundenen Partnerbeziehung entspricht (Beschl. v. 11.01.2011, Az. 1 BvR 3295/07).

Voraussetzung einer Eheschließung ist die Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehegatten, während die Eingehung einer Lebenspartnerschaft nach § 1 Lebenspartnerschaftsgesetz nur zwischen gleichgeschlechtlichen Personen möglich ist. In beiden Fällen wird auf das personenstandsrechtliche Geschlecht abgestellt.

Die jetzt 62-jährige alte Klägerin wurde mit männlichen äußeren Geschlechtsmerkmalen geboren. Sie empfindet sich jedoch als Angehörige des weiblichen Geschlechts. Als solche ist sie homosexuell orientiert und lebt in einer Partnerschaft mit einer Frau. Sie hat gemäß § 1 Transsexuellengesetz (TSG) ihren männlichen in einen weiblichen Vornamen geändert. Eine Änderung des Personenstandes erfolgte nicht, da die notwendigen operativen Eingriffe nicht vorgenommen worden waren. Ihren zusammen mit ihrer Partnerin gestellten Antrag auf Eintragung einer Lebenspartnerschaft lehnte der Standesbeamte ab, weil diese nur für zwei Beteiligte des gleichen Geschlechts eröffnet sei. Alle Vorinstanzen bestätigten diese Entscheidung.

Mit ihrer im Dezember 2007 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts in seiner Ausprägung als Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) entschied nun, dass die im TSG  normierten Voraussetzungen der personenstandsrechtlichen Anerkennung Transsexueller zur Eingehung einer Lebenspartnerschaft mit dem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 GG nicht vereinbar sind. Die Vorschriften sind bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung nicht anwendbar.

plö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BVerfG: . In: Legal Tribune Online, 28.01.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2432 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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