BVerfG: Stundenlanges Einsperren zur Identitätsfeststellung unzulässig

06.04.2011

Die Polizei darf Tatverdächtige nicht über mehrere Stunden für erkennungsdienstliche Maßnahmen festhalten, wenn deren Identität auch einfacher geklärt werden kann. Dies hat das BVerfG in zwei am Mittwoch bekannt gegebenen Beschlüssen entschieden.

Das Vorgehen verstoße gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit, wenn die Tatverdächtigen der Polizei zuvor durch das Vorzeigen gültiger Ausweispapiere die Feststellung ihrer Identität ermöglicht haben. Umso mehr sei ein fortdauerndes Festhalten unzulässig, wenn die weiteren erkennungsdienstlichen Maßnahmen lediglich im Anfertigen einfacher Fotos bestehen (Beschl. v. 08.03.2011, Az. 1 BvR 47/05, 1 BvR 142/05).

Die Richter des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gaben damit Angehörigen der so genannten Hamburger Bauwagenszene Recht. Im Jahre 2003 hatten insgesamt rund 100 Personen ein Grundstück betreten, um dies als neuen Wohnort und Abstellort für ihre Bauwagen zu nutzen. Nachdem gegen sie seitens der Grundstückseigentümerin Strafantrag gestellt worden war, stellte die Polizei vor Ort die Identität der noch anwesenden Personen fest, umstellte die Gruppe und teilte ihnen mit, dass sie wegen Verdachts des Hausfriedensbruchs vorläufig festgenommen seien.

Sowohl vor als auch während der anschließenden polizeilichen Räumung des Platzes wiesen sich die Betroffenen unter Vorlage von gültigen Ausweispapieren aus. Dennoch wurden sie in der Folge zunächst auf die Polizeiwache und später auf das Polizeipräsidium gebracht und in einer Zelle eingeschlossen. Bis zu ihrer erkennungsdienstlichen Behandlung, die in der Anfertigung von zwei bis drei Lichtbildern bestand, befanden sie sich mehr teilweise mehr als acht Stunden im Polizeigewahrsam.

mbr/LTO-Redaktion

 

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Zitiervorschlag

BVerfG: . In: Legal Tribune Online, 06.04.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2960 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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