Eine Woche nach dem EZB-Urteil hat BVR Huber die Entscheidung des BVerfG öffentlich verteidigt. Kritiker hätten "die Stoßrichtung nicht verstanden". Alexander Dobrindt sprach hingegen von einem "Warnsignal" für die EU-Institutionen.
Auch eine Woche nach dem aufsehenerregenden Urteil zu den milliardenschweren Staatsanleihenkäufen der Europäischen Zentralbank (EZB) gehen die Diskussion weiter. Am Mittwoch hat sich Richter des Bundesverfassungsgericht (BVR) Prof. Dr. Peter M. Huber dazu veranlasst gesehen, die Entscheidung in der Öffentlichkeit zu verteidigen, was in dieser Form eher ungewöhnlich ist.
"Wir haben Applaus von der falschen Seite bekommen, und die Kritiker haben entweder die Stoßrichtung nicht verstanden oder wollen sie nicht sehen", sagte der er der Süddeutschen Zeitung. Huber war für das Verfahren der zuständige Berichterstatter.
Anders als in Polen oder Ungarn gehe es, so Huber, gerade nicht darum, den Europäischen Gerichtshof (EuGH) aus der Kontrolle der Institutionen herauszuhalten. "Wir wollen also mehr EuGH, wir wollen, dass er seinen Job besser macht."
Huber: "Hatten keinen Spaß bei der Abfassung dieser Entscheidung"
Der Zweite Senat hat in seinem Urteil vom 5. Mai das EZB-Kaufprogramm beanstandet und sich damit zum ersten Mal gegen eine Vorabentscheidung des EuGH gestellt. Dieser hatte die Käufe gebilligt. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will wegen des Urteils der Karlsruher Richter ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland prüfen.
Das Verfassungsgericht ist der Auffassung, dass die Zentralbank ihr Mandat für die Geldpolitik überspannt und in Wahrheit Wirtschaftspolitik betreibt. "Das ist kein Verstoß gegen die Rechtsgemeinschaft, sondern ein Rückgriff auf die rechtlichen Grenzen, die zu dieser Gemeinschaft gehören", sagte Huber. Von der Leyens Satz, dass Europarecht immer und ohne jede Einschränkung gelte, sei "so gesehen falsch".
Huber sagte, die Richter hätten natürlich die Folgen des Urteils vorausgesehen. "Es ist nicht so, dass wir Spaß hatten bei der Abfassung dieser Entscheidung". Man könne aber "nicht warten, bis wieder eine Schönwetterperiode kommt". Er warnte vor der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens. Das "würde die Sache eskalieren, ohne dass die Bundesregierung adäquat antworten könnte". Der BVR meint: "Das Vernünftigste wäre, den Ball flach zu halten und zu überlegen, ob unser Urteil nicht doch ein paar richtige Punkte enthält."
Dobrindt: "Warnsignal" für die EU-Institutionen
Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat Kritik der EU-Kommission am Urteil des BVerfG zum milliardenschweren Anleihenkaufprogramm der EZB zurückgewiesen. "Ich empfehle der Europäischen Kommission, sich als Hüterin der Verträge auch in der Pflicht zu sehen, auf die Kompetenzeinhaltung der europäischen Institutionen zu achten", sagte Dobrindt dem Hauptstadt Briefing des Medien-Startups The Pioneer. Das Gericht habe der EZB klar die Grenzen ihrer Zuständigkeiten aufgezeigt.
Dobrindt nannte das Urteil ein "Warnsignal" an die EU-Institutionen, die europäischen Verträge einzuhalten und die Grenzen ihrer Kompetenzen zu wahren. "Fakt ist: Die EU ist ein Staatenverbund und kein Bundesstaat. Über die Übertragung von Kompetenzen auf die europäische Ebene entscheiden die Mitgliedsstaaten, nicht die europäischen Institutionen."
dpa/mgö/LTO-Redaktion
BVR Huber verteidigt EZB-Urteil: . In: Legal Tribune Online, 13.05.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41605 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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