In einem Grundsatzurteil hat das BVerfG klargestellt, dass die Förderung politischer Stiftungen eine gesonderte gesetzliche Grundlage braucht. Das Haushaltsgesetz 2019 verletzt die AfD in ihrem Recht auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb.
Die AfD konnte einen Teilerfolg in Karlsruhe erzielen. Der Deutsche Bundestag habe durch den Erlass des Haushaltsgesetzes 2019 die AfD in ihrem Recht auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb verletzt. Auf Grundlage des Haushaltsgesetzes erhalten politische Stiftungen, die im Bundestag vertretenen Parteien nahstehen, finanzielle Zuschüsse, ohne dass dem ein gesondertes Parlamentsgesetz zugrunde liegt.
Es bedarf aber einer gesonderten gesetzlichen Grundlage, hat das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch entschieden (BVerfG, Urt. v. 22.02.2023, Az. 2 BvE 3/19). Die AfD hatte sich an das BVerfG gewandt, um zu erreichen, dass die ihr nahestehende Desiderius-Erasmus-Stiftung ebenfalls Fördergelder bekommt - so wie andere Stiftungen, die politischen Parteien nahestehen.
Die AfD hatte in dem Organstreitverfahren elf verschiedene Anträge gestellt, die sich gegen den Bundestag, den Haushaltsausschuss, die Bundesregierung, das Bundesministerium des Innern und das Bundesministerium der Finanzen richteten. Die meisten Anträge lehnten die Karlsruher Richterinnen und Richter jedoch als unzulässig ab, teils fehlte es an einem tauglichen Antragsgegenstand, teils waren die Anträge verfristet.
Globalzuschüsse im Haushaltsjahr 2019 problematisch
Zulässig war nur der Antrag, der sich auf das Haushaltsjahr 2019 bezog. Dabei hatte die AfD auch in der Sache Erfolg. Der Haushaltsgesetzgeber hatte sogenannte Globalzuschüsse in Höhe von 130 Millionen Euro für die gesellschaftspolitische und demokratische Bildungsarbeit der politischen Stiftungen vorgesehen, dabei aber die AfD – in dem sie in der Auflistung nicht erwähnt wurde – ausgeschlossen. Vor dem Hintergrund, dass die Bildungsarbeit der Stiftungen für die Parteien eine wichtige Rolle spielt, verletzt das die AfD in ihrem Recht auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb aus Art. 21 Abs. 1 S.1 GG, so das BVerfG nun.
Das bedeutet nicht, dass die Desiderius-Erasmus-Stiftung nun unmittelbar an der Förderung beteiligt wird. Wie die Entscheidung aus Karlsruhe umgesetzt wird, ist Sache des Gesetzgebers.
So enthält der Haushaltsplan 2022 erstmals einen Vermerk, wonach Globalzuschüsse nur politischen Stiftungen gewährt werden, "die nach ihrer Satzung und ihrer gesamten Tätigkeit jederzeit die Gewähr bieten, dass sie sich zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten". Damit sollte begründet werden, dass die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung nicht gefördert wird. Auch gegen dieses Haushaltsgesetz hatte sich die AfD gewandt, allerdings erst kurz vor der mündlichen Verhandlung. Deshalb soll darüber erst zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden, Der entsprechende Antrag wurde deshalb vom jetzt entschiedenen Verfahren abgetrennt.
Gestaltungsspielraum für den Gesetzgeber
Klar ist nach dem Urteil aus Karlsruhe: Um die Förderung der parteinahen Stiftungen zu regeln, reicht das Haushaltsgesetz nicht aus, es braucht ein besonderes Parlamentsgesetz. Dem Gesetzgeber steht dabei ein Gestaltungsspielraum zu, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts.
Grundsätzlich komme dabei auch der Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung als gleichrangiges Verfassungsgut in Betracht, um einen Eingriff in die Chancengleichheit zu rechtfertigen, lässt das BVerfG verlauten. Welche Anforderungen und Konsequenzen dies nach sich ziehe, war in dem Urteil allerdings nicht zu entscheiden, erklärte die Vorsitzende des Zweiten Senats, Vizepräsidentin Prof. Dr. Doris König, bei der Urteilsverkündung: Der Ball liege nun im Feld des Gesetzgebers.
aka/LTO-Redaktion
BVerfG zu AfD-naher Stiftung: . In: Legal Tribune Online, 22.02.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51117 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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