BVerfG zu Enteignungen für Rohrleitungsbau: Karls­ruhe weist Rich­ter­vor­lage ab

13.01.2017

Das OVG NRW hielt eine Enteignungsregelung für den Bau einer Rohranlage von Dormagen nach Krefeld für verfassungswidrig und rief Karlsruhe an. Doch das BVerfG hält die Richtervorlage für nicht ausreichend begründet.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit einer Enteignungsregelung im Zusammenhang mit dem Bau einer Rohrleitungsanlage vom rheinländischen Dormagen nach Krefeld. Das hierauf angestrengte Verfahren der konkreten Normenkontrolle war nun erfolglos: Mit einem am Freitag veröffentlichten Beschluss stellte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Unzulässigkeit der Richtervorlage fest, weil die Verwaltungsrichter die angebliche Verfassungswidrigkeit des Gesetzes nur unzureichend begründet hätten (Beschl. v. 21.12.2016, Az. 1 BvL 10/14).

In Münster klagen die Eigentümer von Grundstücken, welche entlang der Trasse der geplanten Rohrleitungsanlage liegen, durch die gasförmiges Kohlenmonoxid in den Chemiepark in Krefeld transportiert werden soll. Angegriffen wird der entsprechende Planfeststellungsbeschluss für die Errichtung der Anlage. In diesem Zusammenhang spielt auch das "Gesetz über die Errichtung und den Betrieb einer Rohrleitungsanlage zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen" (RohrlG) eine Rolle, denn dieses ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen Enteignungen zugunsten privater Wirtschaftsunternehmen.

Das OVG hatte das Verfahren im August 2016 ausgesetzt und Karlsruhe die Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 1 RohrlG zur Entscheidung vorgelegt. Möglich ist dies nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) beziehungsweise §§ 80 ff. Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG), wenn das vorlegende Gericht an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zweifelt und die gerichtliche Entscheidung hiervon betroffen ist.  Nach Angaben des BVerfG gehen jedes Jahr bis zu 100 solcher Anfragen in Karlsruhe ein.

Nicht nur die Betreiber profitieren von der Pipeline

Nach  § 1 des RohrlG  soll die Errichtung dem Wohl der Allgemeinheit gem. Art. 14 Abs. 3 Satz 1 des GG dienen. In den weiteren Vorschriften des Gesetzes werden Zweck, Gegenstand und Voraussetzungen von Enteignungen zur Verwirklichung des Rohrleitungsbaus aufgeführt.

Nach Ansicht des BVerfG haben die Ausführungen der Münsteraner Richter aber nicht ausreichend erkennen lassen, dass das OVG sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschrift einerseits als auch die Verfassungsmäßigkeit andererseits selbst sorgfältig geprüft habe. Dabei müsse das vorlegende Gericht die eigenen Überzeugungen und Erwägungen für das BVerfG nachvollziehbar und erschöpfend darlegen.

Das OVG habe zwar Zweifel an der Gemeinwohltauglichkeit der Enteignungszwecke deutlich gemacht, hierbei jedoch dem weiten Spielraum des Gesetzgebers bei der Bestimmung des Gemeinwohlziels nicht Rechnung getragen. Somit haben die Verwaltungsrichter nach Auffassung des BVerfG ihren eigenen begrenzten Prüfungsmaßstab missachtet. Auch habe man in Münster nicht nachvollziehbar aufgezeigt, warum die im Gesetz genannten Zwecksetzungen nicht geeignet und gewichtig genug seien, die Enteignungen zu rechtfertigen.

Das BVerfG ließ in seinem Beschluss seine eigene, dem OVG widersprechende Tendenz erkennen: Die Enteignungen kämen nicht nur den die Anlage betreibenden Unternehmen zugute, sondern auch einer Vielzahl von anderen regionalen Betrieben, heißt es.

una/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BVerfG zu Enteignungen für Rohrleitungsbau: . In: Legal Tribune Online, 13.01.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21760 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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