BVerfG entscheidet im Eilverfahren: Bekommen drei AfD-Poli­tiker einen Aus­schuss­vor­sitz im Bun­destag?

21.06.2022

Die AfD-Fraktion ist mit ihren Kandidaten für den Vorsitz von drei Bundestagsausschüssen gescheitert und hat sich deswegen an das BVerfG gewandt. Das entscheidet am Donnerstag, ob ihre Kandidaten zumindest vorläufig eingesetzt werden.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) äußert sich am Donnerstag zur Ablehnung dreier AfD-Kandidaten als Ausschussvorsitzende im Bundestag. Dabei geht es zunächst ausschließlich um den Eilantrag der AfD-Fraktion, wie am Montagabend auf der Internetseite des Gerichts mitgeteilt wurde (Az. 2 BvE 10/21). Die Entscheidung im Hauptverfahren ist zu einem späteren Zeitpunkt zu erwarten.

Nach der Bundestagswahl im September hatte der Innenausschuss den Polizeihauptkommissar Martin Hess als Vorsitzenden abgelehnt. Im Gesundheitsausschuss und im Ausschuss für Entwicklungszusammenarbeit fielen die von der AfD nominierten Kandidaten Jörg Schneider und Dietmar Friedhoff durch. Zuvor war, entgegen dem üblichen Verfahren, beschlossen worden, in geheimer Wahl über den Vorsitz zu entscheiden.

Normalerweise läuft die Vergabe der Posten so, dass sich die größte Fraktion zuerst einen Ausschuss aussuchen darf, dann die zweitgrößte - und so weiter. Damit sind die Vorsitzenden eigentlich ohne Abstimmung gesetzt. Abgeordnete anderer Fraktionen hatten nach Schilderung der AfD-Kandidaten in den konstituierenden Sitzungen der Ausschüsse im Dezember dann aber Abstimmungen über den Vorsitz beantragt. Der Parlamentarische Geschäftsführer und Fraktionsjustiziar der AfD, Stephan Brandner, erklärte am Montagabend, damit würden "jahrzehntelange Gepflogenheiten und geltendes Recht gebrochen".

Abrücken von der Tradition

§ 12 Geschäftsordnung des Bundestages (GO-BT) legt fest, dass die die Fraktionen nach dem Verhältnis ihrer Stärke berücksichtigt werden müssen, und zwar ausdrücklich auch bei der Vergabe der Ausschussvorsitze. Zudem billigt § 2 Abs. 1 S. 2 GO-BT jeder Fraktion mindestens eine Vizepräsidentenstelle zu.

Andererseits spricht § 2 Abs. 1 S. 1 BT-GO von einer Wahl der stellvertretenden Bundestagspräsidenten. Nach § 58 GO-BT  "bestimmen" die Ausschüsse ihre Vorsitzenden "nach den Vereinbarungen im Ältestenrat". Bereits in der Geschäftsordnung selbst ist also ein Spannungsverhältnis angelegt zwischen dem Grundsatz der Wahl, der auch die Möglichkeit einschließt, einen Kandidaten nicht zu wählen, und der proportionalen Beteiligung der Fraktionen an der Stellenvergabe.

Auf Ebene der Geschäftsordnung stand der Bundestag also vor dem Dilemma, entweder an der Tradition festzuhalten, alle Fraktionen nach ihrem Proporz einzubinden und damit auch einige Personen in Leitungsfunktionen zu dulden, die rechtsextreme politische Positionen vertreten, oder von dieser Linie abzurücken und damit aus politischen Gründen eine Fraktion von der gleichen Mitwirkung im Parlament teilweise auszuschließen. Wie sich bereits in der letzten Legislaturperiode abzeichnete, hat der Bundestag sich für die zweite Variante entschieden.

Mit dem Eilantrag will die AfD erreichen, dass ihre Kandidaten zumindest vorläufig als Ausschussvorsitzende eingesetzt werden, bis ihre Organklage in Karlsruhe abschließend geprüft ist. Die Entscheidung wird am Donnerstagmorgen schriftlich veröffentlicht.

mgö/LTO-Redaktion

Mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

BVerfG entscheidet im Eilverfahren: . In: Legal Tribune Online, 21.06.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48802 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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