Verbesserte Verfolgung von Kriegsverbrechen: Busch­mann will Lücken im Völ­ker­straf­ge­setz­buch sch­ließen

23.02.2023

Bundesjustizminister Marco Buschmann will mit einer Reihe von Änderungen das Völkerstrafgesetzbuch verbessern. Unter anderem sollen Strafbarkeitslücken geschlossen und Nebenkläger zugelassen werden.

Die Verfolgung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Deutschland soll verbessert werden - Bundesjustizminister Marco Buschmann schlägt dazu eine Reihe von Änderungen vor. In einem Eckpunktepapier, das der FDP-Politiker am Donnerstag in Berlin vorstellte, heißt es, Opfer solcher Straftaten sollten bei Verfahren in Deutschland künftig als Nebenkläger zugelassen werden

Parallel dazu sollen sie nach Buschmanns Vorstellungen berechtigt sein, einen Opferanwalt beigeordnet zu bekommen, wobei es dafür nicht auf die Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe ankommen soll. Um die Opfer in den für sie meist extrem belastenden Verfahren zusätzlich zu unterstützen, sollten sie außerdem problemlos Anspruch auf eine psychosoziale Prozessbegleitung erhalten.

Außerdem sollte stets ein Dolmetscher verfügbar sein, um auch ausländischen Medienvertretern zu ermöglichen, das Gerichtsverfahren zu verfolgen. Der Bundesjustizminister spricht sich ferner dafür aus, eine audiovisuelle Aufzeichnung zu erstellen, die für wissenschaftliche und historische Zwecke genutzt werden kann.

Grüne wollen Straftatbestand des "Verschwindenlassens" aufnehmen

Zudem sollen Strafbarkeitslücken geschlossen werden: Der Tatbestand der "sexuellen Sklaverei" soll in das Völkerstrafgesetzbuch aufgenommen werden. Dies gilt auch für die Verwendung von Waffen, deren Splitter beim Röntgen nicht erkennbar sind, sowie von dauerhaft blindmachenden Laserwaffen.

"Wir begrüßen den Vorstoß", kommentierte der Grünen-Rechtspolitiker Helge Limburg das Eckpunktepapier. Aus Sicht seiner Fraktion wäre es zudem wichtig, den Tatbestand des "Verschwindenlassens" ins Völkerstrafgesetzbuch aufzunehmen. Diese Straftat, die Angehörige erheblichen Belastungen aussetze, sei beispielsweise in Syrien häufig verübt worden und auch in der Ukraine, wo vor allem Menschen aus den von Russland völkerrechtswidrig annektierten Gebieten davon betroffen seien.

Buschmann will sich zudem bei den anderen Vertragsstaaten des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) dafür einsetzen, dass künftig auch Angehörige von Nicht-Vertragsstaaten wegen des Aggressionsverbrechens verfolgt werden können. Die USA, Russland und China erkennen die Legitimität des Gerichtshofs nicht an.

Linke begrüßt Eckpunkte "vollumfänglich", Union verweist auf eigenen Antrag

Auch für den rechtspolitischen Sprecher der Unionsfraktion Prof. Dr. Günter Krings wäre das ein entscheidender Punkt: "Die verfahrensrechtlichen Vorschläge, die teilweise auf Vorschläge des Experten Prof. Claus Kreß zurückgehen dürften, unterstütze ich grundsätzlich. Allerdings ist primär entscheidend, dass es überhaupt zu einem Prozess gegen die Verantwortlichen kommen kann. Dies ist aber bei dem Verbrechen des Aggression - also der Planung oder Ausführung des Angriffskrieges - nicht möglich. Eine Verhandlung vor dem IStGH ist nicht möglich, da weder die Ukraine noch die Russische Föderation das Römische Statut und seine Änderungen im Zusammenhang mit dem Verbrechen der Aggression ratifiziert haben".

Bereits im letzten Jahr habe die Unionsfraktion einen Antrag eingebracht, mit dem die Einrichtung eines Sondertribunals gefordert wird, um die Verantwortlichen der russischen Aggression in der Ukraine vor Gericht zu stellen. Dieser Antrag werde in der nächsten Woche abschließend im Plenum beraten, so Krings zu LTO. "Wenn Bundesjustizminister seine Ausführungen ernst meint und die 'schmerzhaften Strafbarkeitslücken' schließen möchte, sollte er sich unserem Antrag anschließen - oder einen überfraktionellen Antrag mit gleichem Inhalt einbringen". 

*Von der Linken bekam Buschmann für seinen Vorschlag Zuspruch: "Ich begrüße das Eckpunktepapier vollumfänglich. Insbesondere die Erweiterungsforderung der Gerichtsbarkeit des IStGH auf das Verbrechen der Aggression ist von herausragender Bedeutung, da nur dieser Weg auch in Zukunft zu einer Verfolgung dieses Verbrechens durch die dafür vorgesehene Institution und gegen alle Verbrecher sichergestellt werden kann", erklärte Clara Bünger, Sprecherin für Flucht- und Rechtspolitik der Bundestagsfraktion gegenüber LTO. Allerdings sieht Bünger an der ein oder anderen Stelle noch Nachbesserungsbedarf. So werde etwa der im Rom-Statut enthaltene Auffangtatbestand "jede andere Form sexueller Gewalt von vergleichbarer Schwere" durch in das VStGB eingeführte Tatbestandsvariante der "sexuellen Nötigung" nicht adäquat erfasst.

 

dpa/acr/hs/LTO-Redaktion

*Anm. der Redaktion: Statement von MdB Büning wurde am Tag des Erscheinens nachträglich um 20.48 Uhr ergänzt.

Zitiervorschlag

Verbesserte Verfolgung von Kriegsverbrechen: . In: Legal Tribune Online, 23.02.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51148 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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