Verkehrsminister unter Druck: Scheuer soll in die Maut-Mangel

16.10.2019

Die Opposition im Bundestag hat sich auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses geeinigt, der die Hintergründe der geplatzten Pkw-Maut aufarbeiten soll. Verkehrsminister Scheuer kündigte an, umfassend aufklären zu wollen.

Für Andreas Scheuer nimmt der Ärger um die Pkw-Maut so bald kein Ende - ganz im Gegenteil. Nach dem krachenden Scheitern des Prestigeprojekts seiner CSU am Europäischen Gerichtshof (EuGH) wird es für den Verkehrsminister jetzt gleich an zwei Fronten ungemütlich: Die Oppositionsfraktionen von Grünen, Linken und FDP stellten am Dienstag die Weichen für einen Untersuchungsausschuss im Bundestag. Und erwartet wird außerdem, dass die gekündigten Maut-Betreiber bald noch millionenschwere Forderungen an den Bund auf den Tisch legen.

Scheuer wollte eigentlich im Oktober 2020 die ersten Gelder mit der Maut einnehmen. Doch Mitte Juni kippte der EuGH das ganze Vorhaben nach einer Klage Österreichs - wie von vielen Kritikern prophezeit. Neue Kontroversen um das eigentliche Maut-Modell, das unter dem Strich nur Fahrer aus dem Ausland extra belasten sollte, soll es nicht nochmal geben.

Akut unter Druck steht der Minister vor allem wegen der Vorgeschichte: Im Oktober 2018 vergab er den Auftrag zur Kontrolle der Maut an die österreichische Firma Kapsch, Ende 2018 ging dann der Zuschlag zur Erhebung an ein Konsortium aus Kapsch und der deutschen Firma CTS Eventim - also alles, bevor endgültige Rechtssicherheit bestand. Direkt nach dem Urteil kündigte der Bund die Verträge. Daraus könnten Forderungen der Firmen in Millionenhöhe resultieren. Das Ministerium argumentiert dagegen, es sei in der Pflicht gewesen, die Maut schnell umzusetzen, um erwartete Einnahmen zu sichern.

Maut-Vorbereitungen seit 2013 auf dem Prüfstand

Das sehen die Oppositionsfraktionen anders: Scheuer habe milliardenschwere Verträge mit nachteiligen Konditionen für den Bund besiegelt. Das Risiko eines Maut-Stopps durch den EuGH sei zu wenig berücksichtigt worden. In der Kritik steht auch, dass er einige Treffen mit den Betreibern einräumen musste, die nicht in Akten dokumentiert wurden. "Mit seinem Verhalten hat uns Scheuer die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses regelrecht aufgedrängt", sagt Grünen-Experte Stephan Kühn.

FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic ergänzte, Scheuer habe das Projekt Pkw-Maut zwar nicht alleine zu verantworten. "Er hat aber ohne Not selbst massive und teure Fehlentscheidungen getroffen." Bis heute würden dem Bundestag wichtige Dokumente vorenthalten. Dieses Vorgehen sei eines Ministers unwürdig und müsse durch den Ausschuss aufgeklärt werden. Auch die AfD-Fraktion kündigte nach anfänglichem Widerstreben nun an, für die Einsetzung des Ausschusses zu stimmen.

Das Gremium soll die Maut-Vorbereitungen seit dem Start der vorherigen großen Koalition Ende 2013 überprüfen. Damit rückt auch der Ex-Minister und jetzige CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt ins Visier. Die Opposition warnt vor Millionenschäden. Scheuer wies Vorwürfe zurück.

Bundestagsabstimmung in der nächsten Woche?

Der U-Ausschuss soll das Verhalten der Regierung und besonders des Verkehrsministeriums bei der Vorbereitung sowie der Vergabe und der schließlichen Kündigung der Betreiberverträge "umfassend aufklären", wie es in dem Antrag heißt. Überprüft werden sollen die Vorgänge unter rechtlichen und haushälterischen Gesichtspunkten, dies gelte auch für "die persönlichen und politischen Verantwortlichkeiten und die Aufklärungs- und Informationspraxis" gegenüber dem Parlament. Unter die Lupe genommen werden sollen zudem grundlegende Annahmen der Regierung zur Wirtschaftlichkeit, zu Einnahmen und zur Wirkungsweise der Maut.

Kurz bevor bekannt wurde, dass die Oppositionsfraktionen die für einen U-Ausschuss nötigen Stimmen von einem Viertel aller Abgeordneten zusammen hatten, trat er vor die Kameras. "Ich werde alles daransetzen, aufzuklären, was noch offen wäre aus der Sicht der Parlamentarier", lautete die eine Botschaft. "Den Vorwurf, wir würden etwas geheim halten, weise ich zurück", das ist die andere. Es habe den klaren Auftrag des Gesetzgebers gegeben, die Maut baldmöglichst umzusetzen, um Einnahmen für bessere Verkehrswege abzusichern. Und auch die EU-Kommission habe doch grünes Licht für die Maut gegeben. Über die ganze Projektlaufzeit habe es ein Risikomanagement gegeben.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) gab Scheuer schon vorab Rückendeckung, betonte aber auch, es sei das Recht der Opposition, Untersuchungsausschüsse einzuberufen. Die Einsetzung des U-Ausschusses muss noch der Bundestag beschließen – möglicherweise schon in der nächsten Woche. Das Gremium soll laut Antrag neun Mitglieder haben - drei der Union, zwei der SPD und je ein Mitglied von AfD, Linke, FDP und Grünen. Gespannt auf die parlamentarische Aufklärung dürften dann auch die verhinderten Maut-Betreiber sein. Noch ist offen, wann sie ihre Forderungen vorlegen.

dpa/mam/mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Verkehrsminister unter Druck: . In: Legal Tribune Online, 16.10.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38193 (abgerufen am: 17.11.2024 )

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