Verfassungsbeschwerde zu Equal Pay: ZDF-Redakteurin zieht nach Karls­ruhe

von Joschka Buchholz

18.06.2021

Das BAG hatte einer ZDF-Redakteurin einen Gehaltsauskunftsanspruch zugesprochen. Nun zeigt sich: Sie verdient tatsächlich wesentlich weniger als männliche Kollegen in vergleichbarer Position. Nun erhob sie Verfassungsbeschwerde.

Was schon länger vermutet wurde, ist jetzt bestätigt: Die langjährige und mehrfach ausgezeichnete Redakteurin des ZDF-Politmagazins frontal21, Birte Meier, wird vom ZDF schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen in vergleichbarer Position. Das hat die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die Meier in ihrem Rechtsstreit unterstützt, unter Berufung auf eine vom ZDF vorgelegte Gehaltsauskunft mitgeteilt. Es ist für die Redakteurin ein weiterer Etappenabschnitt auf dem Weg zum sogenannten Equal Pay, also gleicher Bezahlung für gleichwertige Arbeit.

Meiers Fall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. 2014 hatte sie in Erfahrung gebracht, dass sie wohl schlechter als ihre männlichen Kollegen bezahlt wird. Sie zog deswegen gegen das ZDF vor Gericht, ihre Klagen durch die Instanzen hatten aber zunächst keinen Erfolg. Erst die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) brachte sie weiter: Das BAG bejahte einen Anspruch nach § 10 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG). Hiernach steht Beschäftigten zur Überprüfung der Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots ein Auskunftsauspruch zu.

Auskunftsanspruch ja, Anspruch auf Equal Pay nein

Der Knackpunkt der BAG-Entscheidung war die Frage, ob Meier als feste freie Journalistin, die für eine bestimmte Stundenzahl regelmäßig tätig war, überhaupt in den Anwendungsbereich des EntgTranspG fällt. Das war nicht unumstritten, jedoch bejahte das BAG dies im Ergebnis und stützte dies wesentlich auf das europarechtliche Verständnis des Arbeitnehmerbegriffs, welches weiter reicht als der deutsche Arbeitnehmerbegriff.

Doch auch wenn das BAG den Auskunftsanspruch letztliche bejahte, war für Meier damit praktisch nicht viel mehr gewonnen: Die Revision in Sachen Equal Pay hatte das BAG dagegen nämlich abgewiesen. Ihrer Auffassung nach hätte aber spätestens das BAG entweder das Unionsrecht anwenden oder die Sache dem Europäischen Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens vorlegen müssen. Dass das nicht passiert ist, rügt sie nun mit einer Verfassungsbeschwerde.

ZDF hat Gehälter mittlerweile offen gelegt

Die vom ZDF nach der Entscheidung des BAG vorgelegte Gehaltsauskunft ergab nun, dass Meier weniger verdient als ihre männlichen Kollegen in vergleichbaren Positionen. Im Median belaufe sich die Differenz auf rund 800 Euro monatlich, so die GFF. Durch eine ungleiche Einordnung in das tarifliche Stufensystem schätzt die GFF die Differenz sogar im vierstelligen Bereich. Hierzu sagt Juraprofessorin Dr. Nora Markard für die GFF: "Die Auskunft erhärtet nicht nur den Diskriminierungsverdacht, sondern zeigt auch, dass der Klägerin jährlich bis zu 18.000 Euro entgehen – das sind ganz erhebliche Summen. Das erklärt, warum der Sender sich bisher mit Händen und Füßen gegen die Auskunftspflicht gewehrt hat."

Meiers Verfassungsbeschwerde in der Sache ist beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) schon anhängig. Damit rügt sie eine Verletzung von Art. 3 Abs. 2 und 3 Grundgesetz sowie des Unionsrechts durch die Fachgerichte, vor denen sie in Sachen Equal Pay gescheitert war. "Das Bundesverfassungsgericht könnte nun erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ein Präzedenzurteil in Sachen Equal Pay fällen. Davon würde nicht nur die Klägerin profitieren, sondern alle berufstätigen Frauen in Deutschland", so Markard.

Zitiervorschlag

Verfassungsbeschwerde zu Equal Pay: . In: Legal Tribune Online, 18.06.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45245 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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