Die Anwältin Seda Başay-Yıldız vertrat Angehörige der NSU-Mordopfer und den islamistischen Gefährder Sami A.. Unbekannte drohen ihr und ihrer Familie seitdem mit dem Tod. Die BRAK sieht darin einen Angriff auf die gesamte Anwaltschaft.
Angesichts der andauernden Anfeindungen und Drohungen gegen die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız haben die Präsidentinnen und Präsidenten der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) eine lückenlose Aufklärung des Sachverhalts durch die Behörden gefordert. Die Präsidenten der 28 Rechtsanwaltskammern und die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) zeigten sich angesichts der Anfeindungen, denen sich nicht nur die Kollegin selbst, sondern auch deren Familie ausgesetzt sieht, bestürzt.
Başay-Yıldız, die im NSU-Prozess Angehörige der Mordopfer der rechtsextremen Terrorgruppe vertrat und Rechtsbeistand des islamistischen Gefährder Sami A. ist, erhält wegen ihrer Mandate Drohbriefe von Rechtsextremen. Medienberichten zufolge drohen die Unbekannten, sie und ihre Familie "abzuschlachten" und nennen auch persönliche Daten der Anwältin. Einige der Briefe sind mit "NSU 2.0" unterzeichnet.
Wer die Absender der Briefe sind, ist bislang noch unbekannt. Ermittler fanden heraus, dass ihre Daten in einer Frankfurter Polizeiwache ohne nachvollziehbaren Grund abgefragt wurden. Fünf Polizisten, die sich in einem Chat Hakenkreuze und Hitler-Bilder schickten, wurden daraufhin suspendiert. Nach der Suspendierung der Polizisten erhielt sie aber weiter Briefe, die sich laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung ebenfalls auf interne Daten aus dem Polizeicomputer stützten.
DAV: "Politik muss endlich aufklären"
"Wir sehen in den Vorfällen einen Angriff auf die freie Berufsausübung der Anwaltschaft allgemein. In einem immer stärker werdenden Klima der verbalen und gedanklichen Verrohung sind diese Vorgänge eine weitere und durch die Selbstverwaltung der Anwaltschaft nicht mehr schweigend hinzunehmende Eskalierung", so der BRAK-Präsident Ulrich Wessels am Donnerstag. Es dürfe keine Rolle spielen, welche Mandanten eine Rechtsanwältin vertritt. "In einem Rechtsstaat kann es nicht angehen, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte als Organ der Rechtspflege Gefahr für Leib und Leben fürchten müssen, wenn sie bestimmte Mandate übernehmen. Derartige Vorfälle sind untragbar", so Wessels.
Auch der Präsident des Deutschen Anwaltvereins (DAV), Ulrich Schellenberg, hält die Bedrohungen für inakzeptabel. "Die Anwaltschaft ist Garantin für den Rechtsstaat – und der garantiert jedem Menschen ein faires Verfahren, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, Weltanschauung oder der vorgeworfenen Tat. Die Politik muss sich endlich vor die Anwaltschaft stellen und diese Angriffe aufklären", so Schellenberg gegenüber LTO.
acr/LTO-Redaktion
Drohbriefe gegen Verteidigerin von Sami A.: . In: Legal Tribune Online, 17.01.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/33283 (abgerufen am: 12.11.2024 )
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