BMJV legt Verordnungsentwurf vor: Keine Kon­takt­be­schrän­kungen mehr für Geimpfte?

30.04.2021

Weder Ausgangs- noch Kontaktbeschränkungen, aber weiterhin Maskenpflicht und Abstandsgebot: So sieht es ein Entwurf des Bundesjustizministeriums vor, der die Grundrechtseinschränkungen für Geimpfte und Genesene zurücknehmen will.

Vollständig Geimpfte und Genesene sollen in der Coronakrise weniger eingeschränkt werden. Insbesondere von Auflagen für private Treffen und nächtlichen Ausgangsbeschränkungen sollen diese Gruppen ausgenommen werden. Das geht aus einem Verordnungsentwurf hervor, den das Bundesjustizministerium am Donnerstag an die anderen Bundesministerien versandt hat. Bundestag und Bundesrat müssen diesem noch zustimmen.

"Das Grundgesetz lässt Einschränkungen unserer Grundrechte nur zu, wenn es hierfür eine besondere Rechtfertigung gibt. Der Schutz von Leben und Gesundheit in der Pandemie ist eine solche Rechtfertigung", sagte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) Lambrecht den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Wenn aber jetzt belegt ist, dass von vollständig Geimpften und Genesenen keine besondere Gefahr mehr ausgeht, dann müssen wir die Einschränkungen ihrer Grundrechte zurücknehmen. Es geht hier nicht um Sonderrechte oder Privilegien, sondern um ein zentrales Gebot unseres Rechtsstaats."

Weder Ausgangs- noch Kontaktbeschränkungen

Im Entwurf steht: "Das heißt, dass es geimpften und genesenen Personen zukünftig wieder möglich sein wird, ohne vorherige Testung zum Beispiel Ladengeschäfte zu betreten, Zoos und botanische Gärten zu besuchen oder die Dienstleistungen von Friseuren und Fußpflegern in Anspruch zu nehmen."

Wer vollständig geimpft oder von Covid-19 genesen ist, soll sich nicht an die jeweils lokal geltenden Ausgangsbeschränkungen halten müssen. Das bedeutet für diejenigen, die die Einhaltung der Beschränkungen kontrollieren müssen, zum Beispiel die Polizei, zwar einen zusätzlichen Aufwand. Kontrollen finden aber ohnehin statt, etwa wenn jemand nach 22 Uhr auf dem Weg von der Arbeit nach Hause ist.

Laut Entwurf soll auch die Beschränkung privater Zusammenkünfte auf Angehörige eines Haushalts und eine weitere Person - plus Kinder bis 14 Jahre - nicht gelten, wenn an dem Treffen ausschließlich geimpfte Menschen oder genesene Personen teilnehmen. Bei privaten Treffen von Geimpften oder Genesenen mit anderen Menschen, die weder geimpft noch von Covid-19 genesen sind, werden die Angehörigen dieser zwei Gruppen nicht mitgezählt. Es könnten sich also zum Beispiel Angehörige eines Haushalts mit einem Paar treffen, das bereits geimpft wurde. Und noch eine Lockerung soll für Geimpfte und Genesene gelten: Für sie gilt die Quarantäne-Pflicht nach Einreise aus einem Risikogebiet nicht - es sei denn, sie haben sich in einem Land aufgehalten, das als Virusvariantengebiet eingestuft ist.

Maskenpflicht und Abstandsgebot gelten weiterhin

Für alle sollen aber weiterhin die Pflicht zum Tragen einer Maske an bestimmten Orten gelten sowie das Abstandsgebot im öffentlichen Raum gelten. Von den geplanten Erleichterungen sollen Menschen mit Covid-19-Symptomen wie Atemnot oder Geruchs- und Geschmacksverlust ausgenommen sein.

Als Beleg für eine vollständige Impfung dienen kann demnach ein Nachweis auf Papier oder digital auf Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch oder Spanisch. Die Impfung muss mit einem beim bundeseigenen Paul-Ehrlich-Institut gelisteten Impfstoff gemacht worden sein. Und es müssen "seit der letzten erforderlichen Einzelimpfung mindestens 14 Tage vergangen" sein. Dies ist meist die zweite Spritze, beim Präparat von Johnson & Johnson reicht eine. Bei Genesenen soll generell der Nachweis einer Impfdosis reichen.

Dass man genesen ist, soll man ebenfalls belegen müssen - und zwar mit einem Nachweis eines positiven PCR-Labortests, der mindestens 28 Tage und höchstens sechs Monate zurückliegt. Auch dieser Nachweis soll auf Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch oder Spanisch und auf Papier oder elektronisch möglich sein. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, wenn man den Original Test-Nachweis nicht mehr habe, könne man sich dies bei derselben Stelle auch noch einmal nachträglich bescheinigen lassen. Man muss außerdem frei von Krankheitssymptomen sein.

Abschließende Entscheidung spätestens Ende Mai

Ein Gleichstellen mit negativ Getesteten etwa bei Friseurbesuchen oder Einreisen sei ein relativ einfach zu klärender Teil, so der Minister. Bei anderen Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen gehe es aber um schwierige Abwägungen. Für ein rasches Vorgehen wolle die Regierung Bundestag und Bundesrat früh in Abstimmungen über eine Verordnung einbeziehen. Der "späteste" Termin für eine abschließende Entscheidung des Bundesrats sei der 28. Mai.

Die SPD verlangte mehr Tempo. Sonst drohten gerichtliche Beschlüsse, sagte Rechtsexperte Johannes Fechner der dpa. Es müsse vermieden werden, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Bundes-Notbremse aufhebe "mit der denkbaren Begründung, dass diese nicht zwischen Geimpften und Nicht-Geimpften differenziert".

Opposition und einige Länder hatten der Bundesregierung zuvor vorgeworfen, sie zögere die Verabschiedung der Ausnahmeregelungen bewusst hinaus. Mehrere Bundesländer sind bereits aktiv geworden und haben Geimpfte mit negativ Getesteten gleichgestellt, etwa beim Zugang zu Läden und Dienstleistungen.

dpa/mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BMJV legt Verordnungsentwurf vor: . In: Legal Tribune Online, 30.04.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44855 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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