Mobilitätsplattformen ermöglichen es, Routen mit verschiedenen Verkehrsmitteln zu planen und Tickets dafür zu kaufen. Die Deutsche Bahn stellt ihnen dafür aber keine Infos zur Verfügung. So geht das nicht, meint das BKartA.
Die Deutsche Bahn (DB) handelt gegenüber Mobilitätsplattformen womöglich marktmissbräuchlich. Zu diesem vorläufigen Ergebnis kommt das Bundeskartellamt (BKartA) und mahnt die DB ab. Bereits seit Ende 2019 laufe das Missbrauchsverfahren gegen die DB wegen eines möglichen Verstoßes gegen §§ 19, 20 GWB und Art. 102 AEUV.
Mobilitätsplattformen bieten etwa die Kombination von Bahntickets mit Flügen, Carsharing, Mietfahrrädern oder Fernbussen an und ermöglichen so eine integrierte Online-Routenplanung. Die DB stellt laut BKartA dafür allerdings keine Prognosedaten des Schienenpersonenverkehrs bereit. So fehlten zum Beispiel Daten über Verspätungen, Fahrtverlauf oder Zugausfälle, die aber essenziell für die Entwicklung solcher Dienstleistungen seien. Derzeit behalte die DB diese Daten sich selbst sowie wenigen ausgewählten Anbietern von Mobilitätsdienstleistungen wie zum Beispiel Google vor.
Verspätungen werden Konkurrenten nicht mitgeteilt
"Nach unserem vorläufigen Prüfungsergebnis ist die vom Netzbetrieb bis zum Fahrkartenvertrieb vertikal integrierte Deutsche Bahn das in Deutschland marktbeherrschende Verkehrsunternehmen auf der Schiene", so der Präsident des BKartA Andreas Mundt. Daher unterfalle die DB der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht und habe besondere Pflichten gegenüber Dritten, wie zum Beispiel Mobilitätsdienstleistern. "Viele dieser Mobilitätsdienstleistungen sind ohne die Einbindung der DB nicht denkbar. Daher sind wir der Auffassung, dass die Mobilitätsanbieter z.B. einen Anspruch auf die Verkehrsdaten der Bahn wie Verspätungen oder Zugausfälle haben", so Mundt weiter.
Nach dem jetzigen Ermittlungsstand nimmt die DB laut Pressemitteilung des BKartA eine Doppelrolle ein: Einerseits selbst als marktstarke Mobilitätsplattform mit bahn.de und der App DB Navigator. Dort kombiniere sie selbst verkehrsmittelübergreifende Angebote und übernehme den Fahrkartenvertrieb auch für andere Verkehrsverbünde. Andererseits sei die DB das mit weitem Abstand führende Schienenverkehrsunternehmen – und habe damit die Möglichkeit, wegen ihrer Schlüsselstellung die Nutzung des Schienenverkehrs in den Angeboten Dritter zu kontrollieren.
So untersagte sie ihren Vertragspartner:innen mit ihrer vollen Sortimentsbreite wie DB-spezifischen Begriffen zu werben und dadurch ihr Angebot bekannt zu machen. Außerdem seien die Online-Partner der DB beim Verkauf von Bahn-Tickets dazu verpflichtet, auf Rabattaktionen, Bonuspunkt- oder Cashback-Programme zu verzichten, während die DB ihrerseits ihre eigenen Angebote mit diesem Mitteln bewirbt.
Missbrauchsverfahren könnte vor Gericht landen
Gerade für die in Deutschland deutlich kleineren und weniger bekannten Bahnen könnten Mobilitätsplattformen aber ein wichtiger Kanal sein, um ihre Reichweite zu erhöhen und Nachfrager:innen für ihre Verkehrsdienstleistungen zu gewinnen. Werden Reisende aber direkt oder indirekt immer weiter zu den Kanälen der DB gelenkt, verfestige sich deren Marktmacht auch auf den Verkehrsmärkten weiter.
Die DB bestätigte gegenüber LTO den Erhalt des Entscheidungsentwurfs des BKartA und prüfe diesen derzeit rechtlich. Sie habe in dem seit 2019 laufenden Verfahren umfassend mit dem Bundeskartellamt kooperiert. "Inhaltlich geht es um neuartige Fragestellungen zum Online-Vertrieb, zu denen es bislang an gefestigter Rechtsprechung und Behördenpraxis fehlt", teilte eine Bahnsprecher mit.
Dies Aussage der Bahn deutet daraufhin, dass die Frage der Behinderung von Mobiitätsplattformen bald die Gerichte beschäftigen dürfte.
Bundeskartellamt mahnt DB ab: . In: Legal Tribune Online, 20.04.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48192 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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