BGH zur Wirksamkeit einer Patientenverfügung: Die For­mu­lie­rung des Ster­be­wun­sches

13.12.2018

Wann ist der Sterbewunsch eines Patienten so konkret, dass ihm entsprochen werden muss? Nachdem der BGH in jüngster Vergangenheit für Unsicherheit sorgte, konkretisierte er nun die Anforderungen an die Formulierung des Sterbewunsches.

Der Sterbewunsch einer Frau im Wachkoma, über deren Patientenverfügung jahrelang vor Gericht gestritten wurde, muss nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) berücksichtigt werden. Die Karlsruher Richter wiesen eine Beschwerde ihres Mannes gegen eine entsprechende Entscheidung des Landgerichts Landshut (LG) ab, wie das Gericht am Donnerstag mitteilte (Beschl. v. 14.11.2018*, Az. XII ZB 107/18). Damit setzte sich in letzter Instanz der Sohn der Frau durch: Er ist anders als der Ehemann der Überzeugung, dass seine Mutter ein Ende der künstlichen Ernährung und Flüssigkeitszufuhr gewollt hätte.

Im Kern ging es um die Frage, wie konkret Menschen für den Ernstfall festhalten müssen, wann sie weiterleben wollen und wann nicht, damit ihre Wünsche auch Berücksichtigung finden. Die Äußerung, "keine lebenserhaltenden Maßnahmen" zu wollen, reicht zum Beispiel in der Regel nicht aus, weil sie zu allgemein ist.

Dem nun zu entscheidenden Fall lag jedoch eine ganz ähnliche Formulierung zugrunde. Die Patientin lehnte lebensverlängernde Maßnahmen für den Fall ab, "dass keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins besteht". Vor ihrem Schlaganfall hatte sie aber darüber hinaus zwei Wachkoma-Fälle im Umfeld miterlebt und mehrere Male Angehörigen und Bekannten gesagt, so wolle sie nicht daliegen, sie wolle nicht künstlich ernährt werden, lieber sterbe sie. Mit ihrer Patientenverfügung habe sie zum Glück vorgesorgt.

Diese Anhaltspunkte rechtfertigen die Annahme, dass die Patientin in dieser konkreten Behandlungssituation keine lebensverlängernden Maßnahmen wünschte, begründeten die Karlsruher Richter ihre Entscheidung. Dem stehe auch nicht die Äußerung der Frau entgegen, dass sie aktive Sterbehilfe ablehnt. Denn der Abbruch künstlicher Ernährung sei aus juristischer Sicht nicht der aktiven Sterbehilfe gleichzusetzen, so der BGH weiter.

Die Patientenverfügung ist seit 2009 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in § 1901 a BGB normiert und sollte eine Konkretisierung der zuvor gesetzlich nicht geregelten Marterie bezwecken. Dennoch kam es durch zwei Entscheidungen des BGH auch in jüngster Vergangenheit noch zu Unsicherheiten darüber, wie genau denn nun der Sterbewunsch formuliert werden müsse. So entschied der BGH 2016 etwa, dass die Formulierung, bei Dauerschäden des Gehirns sollten "lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben", trotz Hirnschlags der Patientin nicht konkret genug sei.

dpa/tik/LTO-Redaktion

*Anm. d. Redaktion: Datum d. Entscheidung am 14.12.2018, 13.42 Uhr, korrigiert.

Zitiervorschlag

BGH zur Wirksamkeit einer Patientenverfügung: . In: Legal Tribune Online, 13.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32731 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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