Der BGH hat am Dienstag in zwei Fällen über die Rechte von Bankkunden geurteilt. Wer sein Darlehen mit einer Kapitallebensversicherung gekoppelt hat, kann danach nicht auf Rückabwicklung der Versicherung durch das kreditgebende Institut hoffen. Verbraucherfreundlich ging hingegen die andere Entscheidung aus, die Kündigungsklauseln für Girokonten betraf.
Im Fokus des ersten Verfahrens stand ein Darlehen, das mit einer Lebensversicherung abgesichert wurde, um den Kredit später damit abzulösen. Die Klägerin hatte beide 2002 abgeschlossenen Verträge im Jahr 2011 widerrufen. Hätte der Bundesgerichtshof (BGH) die Bank zur Rückabwicklung der Versicherung verurteilt, hätten die Raten zurückgezahlt werden müssen - eine Möglichkeit für die Verbraucher, ohne Verluste aus solchen Verträgen herauszukommen.
Bei dem Darlehen handele es sich jedoch weder um ein verbundenes Rechtsgeschäft nach § 358 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) noch sei es zusammen mit der Lebensversicherung als wirtschaftliche Einheit zu sehen, begründete der Vorsitzende Richter den Beschluss des XI. Senats (Urt. v. 05.05.2015, Az.: XI ZR 406/13).
"Nach einer ganzen Reihe bankenunfreundlicher Entscheidungen hat der BGH dem ausufernden Verbraucherschutz bei verbundenen Verträgen einen Riegel vorgeschoben", sagte Bankenexperte Nils Andersson-Lindström von der Kanzlei Schultze & Braun. Die BGH-Entscheidung betreffe eine große Zahl an Banken und Verträge in einem Volumen von mehreren Milliarden Euro. Den Kunden bleibt nun lediglich die Möglichkeit, die an ihre Darlehen gekoppelten Lebensversicherungen im Zweifelsfall ebenfalls zu kündigen und lediglich den Rückkaufswert zu erhalten - oder die Beiträge weiter zu bezahlen.
Lebensversicherungen zur späteren Tilgung von Krediten gelten längst als Verlustgeschäft für Schuldner und werden kaum noch zu diesem Zweck abgeschlossen. Steuerprivilegien sind abgeschafft und Überschüsse fallen häufig geringer aus als erwartet. Meist fehle dann viel Geld, wenn der Kredit abgelöst werden soll, sagte Kerstin Becker-Eiselen von der Verbraucherzentrale Hamburg. "Die Verbraucher haben mit Zitronen gehandelt und ein schlechtes Geschäft gemacht."
Kündigungsklauseln der Sparkassen sind unzulässig
Ganz im Sinne der Verbraucher urteilte der BGH hingegen in einem zweiten Verfahren, das die Kündigungsklausel einer bayerischen Sparkasse betraf. Der Kläger, der Verbraucherschutzverband Schutzgemeinschaft für Bankkunden (SfB), hatte ihr vorgeworfen, nicht klar genug darauf hinzuweisen, dass das Institut Girokonten von Privatkunden nur im Ausnahmefall und aus wichtigem Grund kündigen darf (Urt. v. 05.05.2015, Az.: XI ZR 214/14). Dem stimmte der BGH zu; die AGB seien "unklar und intransparent".
Eine klarere Formulierung sei den Sparkassen durchaus zuzumuten, erklärte der Vorsitzende Richter. Die bisherige Wortwahl verstoße gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die beklagte Sparkasse ist in der Rechtsform der Anstalt des Öffentlichen Rechts organisiert und daher unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Folglich sei sie nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit § 134 BGB gehindert, den Zugang zu ihren Einrichtungen ohne sachgerechten Grund willkürlich zu beschneiden. Kündige die Beklagte ohne sachgerechten Grund, sei die Kündigung wegen eines Gesetzesverstoßes nichtig, so die Karlsruher Richter.
Die bundesweit rund 400 Sparkassen müssen ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nun neu fassen, sonst droht ihnen unter anderem ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro. Der Vorsitzende des Schutzverbandes, Jörg Schädtler, zeigte sich hochzufrieden. "Das ist natürlich grandios", sagte er nach der Entscheidung. "Unsere Klage hat sich gelohnt."
Sparkassen sind als meist öffentlich-rechtliche Kreditinstitute grundsätzlich verpflichtet, jedermann ein Girokonto auf Guthabenbasis zu ermöglichen - auch Kunden mit geringer Kreditwürdigkeit. Nur, wenn der Kunde "unzumutbar" sei, dürfe ihm gekündigt werden. "Eine geplatzte Lastschrift reicht dafür aber nicht aus", sagte Schädtler. Gerade solche Fälle landeten aber oft auf den Schreibtischen von Verbraucherschützern.
dpa/avp/acr/LTO-Redaktion
BGH mit Doppelschlag im Verbraucher-/Bankenrecht: . In: Legal Tribune Online, 05.05.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15454 (abgerufen am: 18.11.2024 )
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