Fiktiver Schadensersatz im Kaufrecht: V. BGH-Zivil­senat fragt Werk­ver­trags­senat an

13.03.2020

Der VII. Zivilsenat am BGH entschied 2018, dass es im Werkvertragsrecht keinen fiktiven Schadensersatz mehr gibt. Aber soll das wirklich so bleiben? Und was ist mit dem Kaufrecht? Der V. Zivilsenat fragt nun bei den Kollegen nach.

Im Streit um einen Wasserschaden nach einem Immobilienkauf in der Region Kempen (Kreis Viersen) wird der Bundesgerichtshof (BGH) zunächst kein Urteil fällen. Der für das Kaufrecht zuständige V. Zivilsenat richtete nach einer Verhandlung am Freitag zunächst die Frage an den für das Werkvertragsrecht zuständigen VII. Zivilsenat, ob dieser an seiner neuen Rechtsprechung festhält (Beschl. v. 13.03.2020, Az. V ZR 33/19). Es gebe unterschiedliche Auffassungen darüber, ob ein Schaden auch anhand der voraussichtlichen Kosten der Beseitigung abgerechnet werden kann, sagte die Vorsitzende Richterin Christina Stresemann.

In dem Fall geht es um die Frage, ob der Verkäufer der Immobilie für eine Reparatur zahlen muss. Die Parteien hatten – weil die Schlafzimmerwand zuvor einmal feucht war - im Kaufvertrag vereinbart, dass der Verkäufer eine Sanierung bezahlen muss, wenn bis zu einem bestimmten Datum wieder Feuchtigkeit auftritt. Das passierte, der Verkäufer wollte aber nicht zahlen. Er argumentierte, der Schaden sei noch nicht beseitigt worden und berief sich auf das  Urteil vom 22. Februar 2018 (Az. VII ZR 46/17) des für das Werkvertragsrecht zuständigen VII. Zivilsenats. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf verurteilte ihn jedoch zur Zahlung von fast 8.000 Euro plus Zinsen und weiteren Kosten. Die Düsseldorfer Richter halten das Urteil für das Werkvertragsrecht für nicht auf das Kaufrecht übertragbar, die Abrechnung auf Kostenvoranschlagsbasis ohne tatsächliche Beseitigung des Schadens also im Kaufrecht für weiterhin möglich. 

Der V. Zivilsenat fragt nun an, ob der VII. Zivilsenat an seiner Rechtsauffassung festhält. Der hatte in der Bausache entschieden, dass es im Werkvertragsrecht keine fiktive Schadensbemessung von Mängelbeseitigungskosten mehr gibt. Seitdem kann der Besteller eines Werks, zum Beispiel der Bauherr oder Bauträger, nicht mehr verlangen, dass der Bauunternehmer, der einen Schaden verursacht hat, ihm die Kosten für die Beseitigung auf der Grundlage eines Kostenvoranschlags ersetzt. Jetzt muss der Besteller den Schaden erst - auf eigene Kosten - beheben lassen und diese Kosten dann in Rechnung stellen.

Das Problem hierbei: Der V. und der VIII. Zivilsenat, die u.a. für das Kaufrecht zuständig sind, stützen ihre Rechtsprechung zum fiktiven Schadensersatz im Kaufrecht auf eben die Rechtsprechung zum Werkvertragsrecht, die der VII. Senat mit seinem Urteil geändert hat. Nun fragt der V. Senat an, ob der VII. Zivilsenat an dieser Änderung festhalten, also einen fiktiven Schadensersatz beim kleinen Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280, 281 Abs. 1 BGB) wirklich ausschließen will. Darüber hinaus will der V. Zivilsenat von den Kollegen wissen, ob der VII. Zivilsenat daran festhält, dass sich ein Schadensersatzanspruch des allgemeinen Leistungsstörungsrechts auf Vorfinanzierung "in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrags" richten kann. Die Rechtsauffassung des Werkvertragsrechts, dass die Abschaffung des fiktiven Schadensersatzes nur für das Werkvertragsrecht gelten könne, scheinen die Kollegen vom V. Zivilsenat jedenfalls nicht zu teilen.

pl/acr/LTO-Redaktion

mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

Fiktiver Schadensersatz im Kaufrecht: . In: Legal Tribune Online, 13.03.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40831 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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