BGH zum Dieselskandal: Die Grenzen der Ersatz­lie­fe­rung

22.07.2021

Während die Vorinstanzen unterschiedlich entschieden hatten, hat der BGH nun in vier Fällen entschieden, dass geschädigte Autokäufer ihren Anspruch auf Nachlieferung innerhalb von zwei Jahren geltend machen müssen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in vier Fällen des Dieselskandals entschieden, dass im Falle eines Verbrauchsgüterkaufs die Käuferin bzw. der Käufer eines mangelhaften Neufahrzeugs zwar die Ersatzlieferung eines Nachfolgemodells verlangen kann. Allerdings muss dieser Anspruch innerhalb von zwei Jahren ab Vertragsschluss geltend gemacht werden (Urt. v. 21.07.2021, Az. VIII ZR 254/20, VIII ZR 118/20, VIII ZR 275/19 u. VIII ZR 357/20).

Die in diesen Fällen klagenden Autokäufer hatten Diesel-Neufahrzeuge erworben, die von der im Dieselskandal als "Schummel-Software" bekannten Programmierung betroffen waren. Das heißt, dass die Motorsteuerungssoftware erkennt, wann sie auf dem Prüfstand steht, und in diesem Fall den Ausstoß von Stickoxiden verringert. Im normalen Betrieb auf der Straße stießen die Wagen dann aber erheblich mehr Abgase aus.

Nachdem die Verwendung solcher sogenannter Abschaltvorrichtungen bei Dieselmotoren im Verlauf des Dieselskandals öffentlich bekannt geworden war, verlangten die klagenden Käufer jeweils nach rund sieben Jahren Ersatzlieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs. Das hatten die Verkäufer aber abgelehnt und stattdessen eine Nachbesserung durch ein Software-Update angeboten. Bisher hatten die Vorinstanzen unterschiedlich entschieden: Mal gestanden sie den klagenden Kunden das Recht auf einen Ersatz für ihren Neuwagen zu - im Zweifel auch ein neueres Modell. In anderen Fällen hielten sie ein Software-Update ausreichend. Die Verkäufer hatten allesamt keine Verjährung geltend gemacht, weshalb die Fälle nun alle beim BGH landeten.

Nachlieferung prinzipiell möglich, aber viel zu spät geltend gemacht

Der für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH hat in allen vier Verfahren nun klar entschieden, dass kein Anspruch auf Lieferung eines mangelfreien Nachfolgemodells besteht. Der Senat hat zwar angenommen, dass die Fahrzeuge bei Übergabe mangelhaft gewesen waren, weil die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die Behörden bestand. Dann hätten sie nämlich nicht mehr gewöhnlich genutzt werden können. Auch sei die geforderte Ersatzlieferung nicht unmöglich geworden, weil in allen vier Fällen anstelle des ursprünglich erworbenen Fahrzeugmodells zwischenzeitlich ein Nachfolgemodell auf den Markt getreten sei. Solche Nachfolgemodelle seien zwar in der Regel fortentwickelt, aber als durchaus gleichartig anzusehenn.

Allerdings unterliege die in allen vier Fällen begehrte Ersatzlieferung auch Grenzen, so der BGH - vor allem in zeitlicher Hinsicht. Denn gerade beim Neuwagenkauf trete durch die Nutzung schnell ein deutlicher Wertverlust ein. Daher müsse der Verkäufer ein Nachfolgemodell nur dann nachliefern, wenn der klagende Käufer den Anspruch innerhalb von zwei Jahren ab Vertragsschluss erstmals geltend macht. Die klagenden Käufer hatten vor dem BGH dagegen argumentiert, es dürfe alleine schon deshalb keine zeitlichen Grenzen für den begehrten Anspruch geben, weil sie als Kunden erst mit Auffliegen des Dieselskandals von dem Problem beim Schadstoffausstoß des Motors erfahren hätten.

Der BGH lehnte die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche damit deutlich ab. Auch Anhaltspunkte für das Vorliegen besonderer Umstände, die die zeitliche Begrenzung ausweiten könnten, sah er nicht.

cp/LTO-Redaktion/dpa

Zitiervorschlag

BGH zum Dieselskandal: . In: Legal Tribune Online, 22.07.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45534 (abgerufen am: 25.11.2024 )

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