Ein Landwirt muss nicht für den Schaden eines Mannes aufkommen, der durch einen von seiner Mähmaschine hochgeschleuderten Stein verletzt wurde. Der Unfall habe sich nicht "in örtlicher Nähe zu Straßenverkehrsflächen" ereignet, so der BGH.
Ein Landwirt muss nicht für den Schaden eines Mannes aufkommen, der durch einen von seiner Mähmaschine hochgeschleuderten Stein verletzt wurde. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden, dass die verschuldensunabhängige Haftung für Arbeitsmaschinen dann nicht greift, wenn sich der Unfall nicht in der Nähe von Straßenverkehrsflächen ereignet (Urt. v. 21.09.2021, Az. VI ZR 726/20).
Der beklagte Landwirt mähte im Sommer 2016 die Wiese auf seinem Weideland. Die Maschine schleuderte dabei einen Stein derart durch die Luft, dass ein Mann auf dem benachbarten Reiterhof davon im rechten Auge getroffen wurde. Für die dadurch erlittenen schweren Verletzungen verlangte der Geschädigte vor Gericht bisher erfolgslos Schadensersatz. Auch der BGH lehnte nun eine verschuldensunabhängige Haftung nach § 7 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) ab.
Die Norm setzt voraus, dass die Rechtsgüter eines anderen bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs verletzt oder beschädigt werden. Die Gefährdungshaftung ist letztlich der Preis dafür, dass durch Kraftfahrzeuge erlaubterweise eine Gefahrenquelle geschaffen wird. Der Betriebsbegriff wird nach der ständigen Rechtsprechung des BGH deswegen auch weit ausgelegt.
"Nähe zu Straßenverkehrsflächen" maßgeblich
Die Besonderheit in diesem Fall ergibt sich daraus, dass es sich bei dem Traktor samt Mähmaschine nicht um ein klassisches Kraftfahrzeug, sondern eines mit "Arbeitsfunktion" handelt. Es dient also nicht schlicht der Fortbewegung, sondern wird auch als Arbeitsmaschine eingesetzt. Der BGH hatte deshalb schon in einem anderen Fall entschieden, dass ein Anspruch dann ausscheiden soll, wenn im jeweiligen Einzelfall die Fortbewegungs- und Transportfunktion keine Rolle mehr spielt und das Fahrzeug nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt wird (Urt. v. 24.03.2015, Az. VI ZR 265/14).
Der Senat stellte nun klar, dass es für die Abgrenzung darauf ankommt, "ob der Arbeitseinsatz auf oder in örtlicher Nähe zu Straßenverkehrsflächen stattfindet." Der Haftungszweck liegt demnach beispielweise vor, wenn ein Mähfahrzeug auf einem Seitenstreifen fährt und durch einen hochgeschleuderten Stein einen Schaden verursacht, nicht aber wenn dies passiert, während es nur auf einer landwirtschaftlichen Fläche - mit ausreichend Abstand zum Straßenverkehr - unterwegs ist.
Arbeitsvorgang kann auch bereits beendet sein
Es kommt deswegen auch nicht entscheidend darauf an, ob der Stein tatsächlich durch das Mähen hochgeschleudert wurde. Ob der Arbeitsvorgang zum Unfallzeitpunkt noch andauert oder bereits abgeschlossen ist, stelle für sich genommen keinen hinreichenden Zusammenhang des Einsatzes der Arbeitsmaschine mit dem Kraftfahrzeugverkehr her, vor dessen Gefahren § 7 StVG Schutz bieten will, heißt es in dem Urteil.
Auf einen etwaigen Schadensersatz aus § 823 Abs. 1 BGB musste der BGH nicht mehr eingehen, da der Geschädigte das Berufungsurteil insofern akzeptiert hat. Der Landwirt habe nicht gegen seine Verkehrssicherungspflichten verstoßen, weil er davon ausgehen durfte, dass sich der etwa 50 Meter weit entfernte Mann außerhalb des Gefahrenkreises befunden habe.
mgö/LTO-Redaktion
BGH zum Betriebsbegriff bei Arbeitsmaschinen: . In: Legal Tribune Online, 25.10.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46447 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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