BGH zu Lehman-Anleger: Bank muss Kunden Schadensersatz zahlen

26.11.2014

Der BGH hat zwei Opfern der Lehman-Pleite einen Anspruch auf Schadensersatz zugesprochen. Die beklagte Bank, welche die Zertifikate empfohlen hatte, habe nicht über Sonderkündigungsrechte der Emittentin aufgeklärt und damit ihre Pflicht aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt. Für Kunden, die bisher nicht geklagt haben, ist die Entscheidung von Dienstag aber nicht von Bedeutung.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Dienstag über Schadensersatzklagen von zwei Opfern der Lehman-Pleite entschieden und die Vorinstanzen bestätigt. Damit steht den Kunden ein entsprechender Anspruch gegen die beratende Bank zu. Diese habe ihre Pflicht aus dem Anlageberatungsvertrag schuldhaft verletzt, weil sie nicht über das Sonderkündigungsrecht der Emittentin, hier der niederländischen Tochtergesellschaft Lehman Brothers Treasury Co B.V., aufgeklärt habe (Urt. v. 25.11.2014, Az. XI ZR 169/13; XI ZR 480/13).

In beiden Fällen wurden Zertifikate empfohlen, denen die Anleihebedingungen der Lehman-Tochtergesellschaft zum Basisprospekt vom 28. August 2007 zu Grunde lagen. Das bedeutete, dass die Emittentin den Kunden zusagte, am Laufzeitende mindestens 100 Prozent des eingezahlten Kapitals zurück zu zahlen - unabhängig von der Marktentwicklung. Die vermittelnde Bank hatte den beiden Kunden jedoch nicht mitgeteilt, dass sich die Lehman-Tochter in bestimmten Fällen nicht an diese Zusage halten musste. In den Anleihebedingungen wurde ihr nämlich ein Sonderkündigungsrecht aus besonderen Gründen - u.a. einer Insolvenz - eingeräumt.

Anleger dürfen Aufklärung über alle Risiken erwarten

Über diese Anleihebedingungen hätte die Bank die beiden Kunden ungefragt aufklären müssen, entschieden am Dienstag die Karlsruher Richter. Sie hätte das Risiko, dass etwa eine Insolvenz zu einem Totalverlust des Kapitals führen könne, benennen müssen. So sei die Empfehlung der Zertifikate in beiden Verfahren nicht anlagerecht, so die Entscheidung. Denn ein Sonderkündigungsrecht stelle einen für die Anlageentscheidung der Bankkunden wesentlichen Umstand dar.

Die Bank hat nach dem Urteil also ihre Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag schuldhaft verletzt und muss nach § 280 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Schadensersatz leisten. "Zwar ist die Anspruchsgrundlage dieselbe wie bei einem stillschweigenden Beratungsvertrag, aber hier konkretisiert der BGH auf der Grundlage seiner bisherigen Rechtsprechung eine neue Pflichtverletzung", erklärt Dr. Stephan Bausch von Luther Rechtsanwälte. "Die beratende Bank hat den Kunden bei einem Garantiezertifikat darüber aufzuklären, dass es ein Sonderkündigungsrecht des Emittenten gibt. Der Grund dafür liegt in der Erwartungshaltung des Kunden."

Mögliche Ansprüche anderer Kunden bereits verjährt

Einer der beiden Kläger erhält allerdings nur einen um 17 Prozent gekürzten Schadensersatz. Denn in zweiter Instanz habe das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg richtigerweise erkannt, dass der Kunde seine Schadensminderungspflicht nach § 253 Abs. 2 S. 1 BGB verletzt habe. Er habe es unterlassen, seine Forderungen im Insolvenzverfahren mit einer Aussicht auf eine Vergütung um 17 Prozent rechtzeitig anzumelden, so das Urteil des BGH.

Auf andere Anleger dürften die Entscheidungen des BGH nur begrenzte Auswirkungen haben. Stephan Bausch weist darauf hin, dass etwaige Schadensersatzansprüche von Käufern der Lehman-Zertifikate, die bislang noch nicht geklagt haben, bereits mit Blick auf § 37a des Wertpapierhandelsgesetzes (alte Fassung) verjährt seien: "Nach dieser Vorschrift verjähren Schadensersatzansprüche wegen Beratungsverschuldens stichtagsgenau drei Jahre nach dem Erwerb des Wertpapiers. Damit ist das Urteil des BGH zum Sonderkündigungsrecht allenfalls noch für solche Kunden von Bedeutung, die schon geklagt haben und deren Gerichtsverfahren noch nicht abgeschlossen sind", so Bausch.

una/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BGH zu Lehman-Anleger: . In: Legal Tribune Online, 26.11.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13924 (abgerufen am: 17.11.2024 )

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