Verkaufen Gebrauchtwagenhändler ihre Autos mit der Zusage "TÜV neu", ist zu erwarten, dass das Fahrzeug verkehrssicher ist. Ist es das nicht, dürfen Käufer vom Vertrag zurücktreten, auch wenn eine arglistige Täuschung durch den Händler nicht feststeht. Eine vorrangige Nacherfüllung sei Käufern nicht zuzumuten, entschied am Mittwoch der BGH.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat einer Frau, die 2012 einen 13 Jahre alten Opel Zafira erworben hatte, einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 5.000 Euro gegen ihren Gebrauchtwagenhändler zugesprochen. Sie sei wirksam vom Vertrag zurückgetreten, entschieden die Richter am Mittwoch (Urt. v. 15.04.2015, Az. VIII ZR 80/14).
Die Frau hatte im Sommer 2012 einen 13 Jahre alten Pkw mit einer Laufleistung von 144.000 km erworben. Ausweislich des Kaufvertrags versicherte der Gebrauchtwagenhändler, dass das Fahrzeug noch am Tag des Kaufs die Hauptuntersuchung erfolgreich durchlaufen habe. Schon am Folgetag, auf der Rückfahrt zum Wohnort der Käuferin, versagte der Motor jedoch mehrfach. Durch eine Untersuchung wurden zudem korrosive Bremsleitungen festgestellt.
Daraufhin erklärte die Frau die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung und hilfsweise den Rücktritt. Die Reparatur des Fahrzeugs forderte sie hingegen nicht.
Ob der Händler tatsächlich arglistig getäuscht und damit den Grund geliefert hat, den Vertrag anzufrechten, hatten die Vorinstanzen erst gar nicht geprüft. Auch der u.a. für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH beschäftigte sich mit dieser Frage nicht, da jedenfalls der Rücktritt wirksam sei, so die Entscheidung. Die Richter bestätigten also die Vorinstanzen und gaben der Frau Recht.
Der BGH musste klären, ob die Käuferin zunächst - erfolglos - Nacherfüllung hätte verlangen müssen. Denn im Kaufrecht gilt grundsätzlich das Prinzip des Vorrangs der Nacherfüllung. Die Bundesrichter lehnten dies aber ab, da eine Nacherfüllung durch den Gebrauchtwagenhändler gemäß § 440 S. 1 Alt 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht zumutbar gewesen wäre. Das gelte völlig unabhängig davon, ob der Händler die Frau nun getäuscht habe oder nicht. Sie habe, so der Senat, nachvollziehbar jedes Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Fachkompetenz des Händlers verloren.
una/LTO-Redaktion
BGH bejaht sofortigen Rücktritt vom Kaufvertrag: . In: Legal Tribune Online, 15.04.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15241 (abgerufen am: 03.11.2024 )
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